Cum-Ex-Geschäfte sind strafbar – was dahintersteckt

Durch Cum-Ex-Geschäfte haben sich Banken, Finanzberater und Manager jahrelang bereichert – auf Kosten des Steuerzahlers. t-online erklärt die Hintergründe.

Das Wichtigste im Überblick


Cum-Ex und kein Ende: Bei der Aufarbeitung des milliardenschweren Steuerskandals beginnt an diesem Montag ein Prozess gegen den Hamburger Bankier Christian Olearius.

Dem 81-jährigen Gesellschafter der Privatbank Warburg werden vor dem Bonner Landgericht 13 Fälle der besonders schweren Steuerhinterziehung vorgeworfen, die sich auf den Zeitraum 2006 bis 2013 beziehen. Hinzu kommt ein weiterer Hinterziehungsvorwurf: Von 2016 bis 2019 soll Olearius mit falschen Angaben versucht haben, eine Steuernachzahlung zu verhindern. Die Staatsanwaltschaft beziffert den Steuerschaden auf insgesamt 280 Millionen Euro (Az. 63 KLs 1/229)

Im sogenannten Cum-Ex-Skandal hatte die Bank jahrelang eine rechtliche Lücke rund um den Tag der Dividendenzahlung von Aktien ausgenutzt. Bei den speziellen Finanzgeschäften haben die Beteiligten Aktien mit einem Anspruch auf die Dividende (“cum”) und ohne Anspruch (“ex”) zwischen sich hin- und hergeschoben.

Ziel dabei: mehrere Steuererstattungen durch die Finanzämter. Banken, Finanzberater, Anwälte, Notare – sie alle verdienten an dem Geschäft. t-online erklärt, wie diese Geschäfte genau funktionieren, wie hoch der Schaden war – und was Kanzler Olaf Scholz damit zu tun hat.

Wie funktionieren Cum-Ex-Geschäfte?

Börsennotierte Unternehmen schütten in der Regel einmal im Jahr eine Dividende an ihre Aktionäre aus. Die Anteilseigner werden so am Gewinn beteiligt. Stichtag ist der Tag vor der Dividendenzahlung. Wer zu diesem Zeitpunkt im Besitz der Aktien war, erhält die Dividende ausgezahlt.

Auf diese wird Kapitalertragsteuer fällig. Darüber erhält der Aktionär eine Bescheinigung, die die Bank ausstellt. Auf diese haben es die Beteiligten bei den Cum-Ex-Geschäften abgesehen. Denn sie können Verluste, die sie an anderer Stelle einfahren, mit den steuerlichen Abzügen verrechnen.

Ziel und Zweck der Cum-Ex-Geschäfte – auch Dividendenstripping genannt – war es, für größtmögliche Verwirrung zu sorgen. Mit dem raschen Zirkulieren der Aktien zwischen Anspruchsberechtigten und nicht Anspruchsberechtigten rund um den Stichtag der Dividendenzahlung sollte das Finanzamt am Ende nicht mehr wissen, wer zu diesem Zeitpunkt Aktionär des Unternehmens ist.

Das Ergebnis: Die Steuerbehörden stellten mehr Steuererstattungsbescheide aus als rechtens. Steuern, die eigentlich gezahlt werden mussten, entgingen dem Fiskus. Dieser Praxis wurde in Deutschland 2012 ein Riegel vorgeschoben. Die anderen europäischen Länder wurden jedoch erst 2015 von Deutschland vor den Dividenden-Steuertricks gewarnt.

Welche Rolle spielen dabei Leerverkäufe?

Bei den Cum-Ex-Geschäften wurde das Leerverkaufsgeschäft vor dem Dividendenstichtag aufgesetzt. Verkäufer und Käufer einigten sich über Preis und Zeitpunkt der Transaktion, verschleierten jedoch, wer wann welche Aktie besessen hat.

Was hat der Cum-Ex-Skandal mit mir zu tun?

Direkt zwar nichts. Allerdings: Der Schaden für den deutschen Fiskus durch Cum-Ex-Geschäfte beläuft sich Schätzungen zufolge auf zehn Milliarden Euro.

Das heißt: Dieses Steuergeld stand dem deutschen Staat nicht zur Verfügung – für dringend benötigte Investitionen in Schulen, Straßen oder den Ausbau des Mobilfunknetzes. Durch Cum-Ex-Geschäfte haben sich Betrüger jahrelang auf Kosten der deutschen Steuerzahler bereichert.

Ist Cum-Ex-Betrug strafbar?

Konkret ging es um die Revision von zwei britischen Aktienhändlern. Sie wurden im Frühjahr 2020 vom Bonner Landgericht zu Haftstrafen auf Bewährung verurteilt. Mit dem BGH-Urteil ist die Entscheidung des Landgerichts rechtskräftig – und die Cum-Ex-Geschäfte können als strafbar eingestuft werden.

Der heutige Kanzler Scholz begrüßte das Urteil. Damals noch in der Rolle des Finanzministers sagte er: “Die Entscheidung ist wirklich eine gute Sache für uns als Steuerzahler und für die Gerechtigkeit. Das Gericht hat klargestellt, dass Cum-Ex zu keinem Zeitpunkt legal war und die Steuerschuld nie verjährt ist.” Scholz steht allerdings beim Cum-Ex-Skandal selbst in der Kritik (siehe unten).

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