Der Wettbewerb am Himmel wird härter: Die Lufthansa streicht Flüge und für Reisende wird es teurer. Auch die Börse reagiert. Eine Trendwende ist nicht in Sicht.
442 Millionen Euro Betriebsverlust im ersten Halbjahr sprechen eine klare Sprache: Die Lufthansa muss sparen. Sogar die bislang als lukrativ geltenden Langstreckenflüge, allen voran der nach Peking, stehen auf der Kippe. Zwar ist die Reiselust der Passagiere nach der Pandemie neu erwacht – gestiegenen Ticketpreisen zum Trotz.
Doch die wirtschaftlichen Herausforderungen sind ebenfalls größer geworden. Die 118 Millionen Euro Gewinn im Vorjahreszeitraum scheinen in weite Ferne gerückt. Die Aktie: deutlich im Minus. Was ist passiert? Und: Wie geht es weiter bei Deutschlands führender Airline?
Negativ wirkten sich zunächst die Streiks vom Jahresbeginn aus. Nach Angaben der Airline kosteten diese 250 Millionen Euro. Schon im Frühjahr hatte die Lufthansa ihre Gewinnziele kassiert. Zweitens kommen die beiden Hersteller Boeing und Airbus mit der Produktion nicht nach. Effizientere neue Flugzeuge lassen also auf sich warten. Punkt drei: der Wettbewerb. Die staatlichen Abgaben sind höher geworden. Der Branchenverband BDL bemängelt, dass Steuern und Gebühren sich in kurzer Zeit verdoppelt hätten. Das betrifft etwa Kosten für Luftsicherheit oder Flugsicherung. Fluggesellschaften aus Nicht-EU-Staaten tragen diese Lasten nicht in diesem Maße.
Auf der anderen Seite hat die Gesellschaft massive strukturelle Sorgen: Die Abhängigkeit von Geschäftskunden, früher ein lukratives Geschäft, ist in Zeiten von Video-Konferenzen fatal. Auch hohe Tarifabschlüsse fordern ihren Tribut. Unterm Strich bleibt zu wenig übrig. Dabei war die Airline-Gruppe recht ordentlich aus der Pandemie herausgekommen, die Reiselust war groß. Die Lufthansa konnte staatliche Stützungsgelder flott zurückzahlen. Doch die Hoffnungen, dass der Himmel schnell so voll werden würde wie vor der Pandemie, bewahrheiteten sich nicht.
Die Lufthansa muss also sparen. Und deshalb stehen die Flüge von Frankfurt nach Peking auf der roten Liste. Hier sind seit dem Ende der Pandemie weniger Geschäftskunden unterwegs. Zugleich sind für diese Strecke die Kosten für die Lufthansa gestiegen: Sie muss wegen der Sanktionen Russland umfliegen. Das dauert länger und kostet mehr. Ein Vorteil für die chinesischen Airlines, die hier gerne in die Bresche springen und den Umweg nicht fliegen müssen. Sie sind damit schneller und günstiger.
Gesellschaften wie Air China können zwar nicht beliebig oft nach Europa fliegen und andere Airlines aushebeln. Das regelt ein Verkehrsabkommen zwischen Deutschland und China. Es begrenzt die Zahl der wöchentlichen Flüge auf acht pro Woche im kommenden Jahr. Es genügt aber offenbar, um auch andere Wettbewerber zu verdrängen. So fliegt auch British Airways ab Oktober nicht mehr zwischen London und Peking. Nach New York oder San Francisco geht es indessen mit der Lufthansa künftig ebenfalls seltener als bisher. An anderen Strecken will sie kleinere Flieger zum Einsatz bringen.
Mit Streckenstreichungen wegen hoher Kosten und Gebühren steht die Lufthansa nicht mehr allein. Auch und gerade Billig-Flieger wie Ryanair streichen Verbindungen von Deutschland aus dem Plan. Ab April kommenden Jahres will Ryanair 20 Prozent weniger Flüge ab Berlin anbieten. Strecken wie nach Brüssel fallen dann ganz weg.
Was passiert, wenn der Wettbewerb geringer wird und nur noch wenige oder gar ein Anbieter auf einzelnen Flugstrecken übrig bleibt, konnten Passagiere bereits 2017 erleben. Als Air Berlin pleiteging, hatte die Lufthansa auf einigen innerdeutschen Verbindungen ein Monopol: Nach Angaben des Bundeskartellamtes wurden Flüge im Schnitt um 25 bis 30 Prozent teurer. Erst als Easyjet einige Verbindungen übernommen hatte, entspannte sich die Lage.