Ein Testament kann jeder gestalten, wie er möchte. Doch automatisch wirksam sind die Verfügungen deshalb noch nicht. Was Sie beim Enterben beachten sollten.

Es soll in den besten Familien vorkommen: Eltern und Kinder zerstreiten sich, es herrscht Funkstille – mitunter jahrzehntelang. Da liegt der Gedanke nahe, die in Ungnade gefallene Verwandtschaft zu enterben. Doch geht das so einfach?

Wir zeigen Ihnen, ob Sie jemanden enterben können, was es mit dem sogenannten Pflichtteil auf sich hat und welchen Hürden Erblasser und Erben begegnen könnten.

Kann ich jemanden enterben?

Ja, das geht. Aber vermutlich nicht so, wie Sie denken. Denn das deutsche Erbrecht erlaubt es Ihnen zwar, beispielsweise Kinder, Enkel oder Ehepartner zu enterben, dadurch gehen sie aber in der Regel nicht komplett leer aus.

Denn sie haben weiterhin Anspruch auf den Pflichtteil (§ 2303 BGB). Das ist die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Allerdings können Erben den Pflichtteil auch verlieren. Dafür gelten jedoch strenge Vorgaben (siehe unten).

Eine Besonderheit ist das sogenannte Berliner Testament. Damit enterben Eltern ihre Kinder sozusagen vorübergehend. Denn sie erben erst dann, wenn beide Eltern gestorben sind. Mehr zum Berliner Testament lesen Sie hier.

Der Pflichtteil ist die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Auf ihn haben nahe Angehörige des Erblassers selbst dann noch Anspruch, wenn sie von ihm enterbt wurden. Galt die Enterbung mehreren Verwandten, erbt in der Regel nur der Ranghöchste in der Erbordnung.

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Der Pflichtteil stellt sicher, dass nahe Angehörige zumindest teilweise vom Vermögen des Verstorbenen profitieren. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass Erblasser auch über ihren Tod hinaus Fürsorgepflichten haben. Lesen Sie hier, wer alles ein Anrecht auf den Pflichtteil hat – und wer nicht.

Ja – aber nur, wenn dafür ein triftiger Grund vorliegt. Diesen müssen Sie als Erblasser im Testament oder Erbvertrag nennen.

§ 2333 BGB führt Gründe auf, die es unzumutbar machen, auch nur den Pflichtteil zu vererben:

  1. Der Pflichtteilsberechtigte hat dem Erblasser, dem Ehegatten des Erblassers, einem anderen Abkömmling oder einer dem Erblasser ähnlich nahestehenden Person nach dem Leben getrachtet.
  2. Er hat sich eines Verbrechens oder eines schweren vorsätzlichen Vergehens gegen eine der genannten Personen schuldig gemacht.
  3. Er hat die gesetzlich obliegende Unterhaltspflicht dem Erblasser gegenüber böswillig verletzt.
  4. Er wurde wegen einer vorsätzlichen Straftat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr ohne Bewährung rechtskräftig verurteilt.
  5. Gegen ihn wurde die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder in einer Entziehungsanstalt wegen einer ähnlich schwerwiegenden vorsätzlichen Tat rechtskräftig angeordnet.

Gut zu wissen: Oft wird es als grober Undank definiert, wenn ein Kind den Kontakt zu seinen Eltern abgebrochen hat und sich nicht um sie kümmert. Wegen einer solchen Verfehlung können Sie Ihren Verwandten zwar enterben, weil Sie Ihr Testament gestalten können, wie Sie wollen, der Pflichtteil kann dadurch aber nicht entzogen werden. Grober Undank berechtigt allerdings dazu, Schenkungen zurückzufordern.

Neben dem oben genannten Unterschied zwischen Enterben und Pflichtteilsentzug sollten Sie als Erblasser außerdem beachten, dass ein Entzug der Pflichtteilserbschaft selbst dann unwirksam sein kann, wenn Sie ihn im Testament festgelegt haben und mit einem triftigen Grund (siehe oben) belegen können.

Das ist dann der Fall, wenn Sie dem Pflichtteilsberechtigten seine Verfehlung verziehen haben. Klassischerweise geschieht das auf dem Sterbebett. Dabei reicht das gesprochene Wort. Allerdings muss der Pflichtteilsberechtigte später beweisen können, dass ihm verziehen wurde.

Erben sollten wissen, dass sich Enterbte bei ihnen melden müssen, um ihren Pflichtteil einzufordern. Die Verjährungsfrist dafür beträgt drei Jahre, verlängert sich aber auf 30 Jahre, wenn der Pflichtteilsberechtigte nichts von seinem Anspruch weiß (§§ 195, 199 BGB). Das Nachlassgericht informiert nur die verfügten Erben. Pflichtteilsansprüche sind nicht auf dem Erbschein vermerkt.

Auf Verlangen des Pflichtteilsberechtigten müssen Erben zudem ein Nachlassverzeichnis erstellen. Alternativ kann das aber auch ein Notar erledigen.

Grundsätzlich kann auch jeder Pflichtteilsberechtigte seinen Pflichtteil einklagen, wenn sich die Erben weigern sollten, ihn auszuzahlen. Steht der Entzug der Pflichtteilserbschaft im Testament, müssen die Erben vor Gericht beweisen können, dass dieser glaubhaft ist.

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