Wer in Aktien spart, braucht ein Wertpapierdepot. Neben traditionellen Banken etablierten sich in den vergangenen Jahren zahlreiche Neo-Broker mit abgespecktem Service. Wie ein Experte den Markt einschätzt.

Der Markt der Wertpapierbroker ist in Bewegung. Klassische Banken konkurrieren mit sogenannten Neo-Brokern. Die Unterschiede liegen beim Service und in den Gebühren. Was ein guter Broker braucht und was die Branche erwartet, das hat t-online den Vorstand der Börse München, Robert Ertl, gefragt.

Im Rahmen der Verleihung des Deutschen Publikumspreises Finanzen von t-online überreichte Ertl der ING den Preis für den besten Wertpapierbroker. Die ING landete vor Scalable Capital und der Comdirect.

Etwa 61.000 t-online-Leser gaben über zwei Monate mehr als eine halbe Million Stimmen ab und kürten die besten Finanzdienstleister 2024. Neben dem besten Broker wählten sie auch die „beste Bank vor Ort“ oder die „beste Versicherung“. Zu allen Preisträgern 2024 geht es hier.

t-online: Herr Ertl, was zeichnet in Ihren Augen einen guten Broker aus? Was muss er haben – oder eben nicht?

Robert Ertl: Einen guten Wertpapierbroker zeichnet aus, dass er die Erwartungen seiner Kunden kennt und (über)erfüllt. Das Problem ist, dass es viele unterschiedliche Anlegertypen gibt, die verschiedene Interessen haben, etwa Daytrader, Buy-and-Hold-Kunden, Sparplankunden und viele mehr. Ein Broker muss also verschiedene Produkte und Services bereithalten, verschiedene Handelsplätze anbieten und auch entsprechende Informationen und Tools mitliefern. Ein Neo-Broker kann sicherlich bestimmte Dinge weglassen, um kostengünstig zu sein, während ein Full-Service-Anbieter die gesamte Produktpalette abdecken möchte – und muss.

Klassische Banken bieten Online-Brokerage an, daneben mischen seit einigen Jahren sogenannte Neo-Broker die Branche auf: Wie viele Broker braucht Deutschland?

Jeder Broker, der die Bedürfnisse seiner Kunden möglichst optimal erfüllt, wird seinen Platz finden. Wie viele das letztlich sein werden, kann niemand sagen. Das hängt auch davon ab, welche Erwartungen der Eigentümer an die Gewinne der Broker hat.

Rechnen Sie mit einer Konsolidierung am Markt? Oder müssen Broker bald auch klassische Bankdienstleistungen anbieten, um zu überleben?

Ich denke nicht, dass allzu viele Anbieter wegfallen werden. Im Gegenteil: Neue Anbieter stehen schon in den Startlöchern. Ob Broker ins Banking einsteigen müssen, hängt wiederum von der Positionierung ab. Meiner Ansicht nach ist das nicht für alle Anbieter zwingend notwendig.

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Welche Auswirkungen auf Broker und auf Kunden hätte das EU-weite Verbot des „Payment-for-Order-Flow“? Börsenplätze dürfen Broker ab Mitte 2026 nicht mehr für die Vermittlung von Handelsaufträgen bezahlen.

Das ist einfach zu beantworten: Es wird für Anleger teurer werden, egal bei welchem Anbieter sie sind. Damit wird pro Kopf auch weniger gehandelt werden. Ich hoffe aber, dass das zarte Pflänzchen Wertpapierkultur, das in den letzten fünf Jahren in Deutschland gewachsen ist, dadurch nicht zerstört wird. Vielmehr hoffe ich, dass durch die steigende Zahl junger Menschen, die für ihr Alter vorsorgen müssen und deshalb den Kapitalmarkt nutzen, dieser auch in Deutschland weiter wachsen wird.

(Quelle: Michael Palm)

Börse-München-Chef Robert Ertl (r.) zeichnet die ING, vertreten durch deren Kommunikationschef Max-Valentin Löbig, als besten Wertpapierbroker aus. Die Veranstaltung fand am 10. Oktober in Frankfurt am Main statt.

Stichwort Altersvorsorgedepot: Werden die Deutschen das staatlich geförderte Aktien- und Fondssparen nutzen? Wer profitiert am meisten?

Wenn das Altersvorsorgedepot so wie geplant kommt (lesen Sie hier mehr dazu, Anm. der Red.), werden es die Deutschen nutzen. Es ist zwar nicht die optimale Lösung, hat aber viele positive Aspekte. Dabei denke ich zum Beispiel an die Wahlfreiheit, die man bei den Garantien hat. Ohne Beitragsgarantie ist der Spielraum, in Aktien anzulegen, größer. Und Aktien erwirtschaften – langfristig gesehen – immer die höheren Renditen. Daran können die Deutschen kostengünstig partizipieren. Natürlich werden davon alle Marktteilnehmer, also auch Broker und Börsenplätze, letzten Endes profitieren.

Herr Ertl, danke für Ihre Antworten.

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