Steigende Preise, sinkendes Angebot
Werden Flugreisen in Zukunft unerschwinglich?
16.10.2024 – 12:34 UhrLesedauer: 3 Min.
Im deutschen Flugverkehr drohen drastische Veränderungen durch steigende Kosten und ein schrumpfendes Angebot. Wie sieht die Zukunft des Fliegens aus?
In vielen Bereichen des Lebens sind die Preise in den vergangenen Jahren gestiegen. Und nun bahnen sich auch im Flugverkehr einschneidende Veränderungen an: In den vergangenen Tagen gab es zahlreiche Nachrichten über gestrichene Flüge und steigende Kosten.
So haben etwa die irische Billigfluggesellschaft Ryanair, die Lufthansa-Tochter Eurowings und die deutsche Fluggesellschaft Condor angekündigt, ihr Flugangebot in Deutschland für das kommende Jahr stark zu reduzieren.
Bereits seit Monaten werden die hohen staatlich veranlassten Steuern und Gebühren als Grund für die Flaute am deutschen Himmel genannt. Die Ticketpreise steigen und neue kostspielige Auflagen sind bereits beschlossen. Viele fragen sich nun: Wie sieht die Zukunft des Reisens in Deutschland aus?
Standortkosten sind in Deutschland besonders hoch
Zunächst ist wohl keine Besserung in Sicht. So warnt etwa Lufthansa-Chef Carsten Spohr vor weiteren Einschnitten in die Flugpläne. „Die extrem gestiegenen staatlichen Kosten im Luftverkehr führen zu einem weiter schrumpfenden Angebot. Immer mehr Airlines meiden deutsche Flughäfen oder streichen wichtige Verbindungen“, erklärte er der „Bild am Sonntag“.
Doch nicht nur das schrumpfende Angebot ist für die Luftfahrtindustrie und die Passagiere ein Problem – sondern auch die steigenden Preise. Im Kern geht es um die zum 1. Mai um 25 Prozent erhöhte Luftverkehrssteuer (15,53 bis 70,83 Euro je nach Entfernung), die Flugsicherungsgebühren und die sogenannte Luftsicherheitsgebühr, die für die Kontrolle der Passagiere und ihres Handgepäcks am Flughafen erhoben wird. Hier soll die mögliche Höchstgrenze von derzeit 10 Euro pro Passagier im kommenden Jahr auf 15 Euro steigen.
Im Ergebnis sind die staatlich verursachten Kosten an deutschen Flughäfen um ein Mehrfaches höher als in den europäischen Nachbarländern. Wie eine Analyse des Bundesverbands der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) zeigt, summieren sich die staatlichen Standortkosten in Deutschland inzwischen auf rund 30 Euro pro Ticket und Passagier.
Im Vergleich dazu kommen andere europäische Standorte auf geringere Kosten. In Paris sind es etwa 22,50 Euro, in Rom 14,50 Euro, in Madrid 4,50 Euro und in Dublin nur 1,60 Euro. Gerechnet auf Flugzeugtypen werden beim Start eines Mittelstreckenjets vom Typ Airbus A320 hierzulande im Schnitt gut 3.500 Euro fällig – im Vergleich zu 1.300 Euro bei den Nachbarn. Auf Langstrecken würden sogar viermal so hohe Gebühren fällig wie an den Konkurrenzstandorten, wie der Flughafenverband ADV berechnet hat.
Wegen der hohen Standortkosten, zu denen auch noch Kosten für Kerosin, Flugzeug, Crew, Wartung und Vertrieb hinzukommen, bleibt den Fluggesellschaften kaum Gewinn. „Daher kommen immer mehr Airlines zu dem Schluss: Fliegen von und nach Deutschland lohnt sich nicht“, heißt es vonseiten des BDL.
Und was heißt das für Passagiere? Auch hier lautet die Antwort: ein geringeres Angebot und steigende Preise. Je mehr sich die Airlines von einzelnen Standorten zurückziehen, desto mehr können die noch verbliebenen Fluggesellschaften über die Preise verfügen. Das könnte für Flugreisende bedeuten, dass sie entweder teurere Ticketpreise oder einen längeren Weg zu einem weiter entfernten Flughafen in Kauf nehmen müssen.
Die steigenden Ticketpreise bedeuten also auch, dass sich tendenziell weniger Menschen eine Flugreise leisten können. Fliegen werde so immer mehr zur sozialen Frage, warnt beispielsweise Condor-Chef Peter Gerber in der „Tagesschau“.
Airlines und Verbände fordern nun vor allem, dass die Politik handelt. Ryanair-Manager Eddie Wilson hat etwa Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) und die Bundesregierung aufgefordert, die Luftverkehrssteuer vollständig abzuschaffen und die Flugsicherungsgebühren zu senken.
Auch in Schweden drohte Ryanair mit einem Rückzug von dortigen Standorten. Das hat gefruchtet. Die Regierung beschloss daraufhin, dass die Luftverkehrssteuer ab Juli 2025 abgeschafft wird. Ryanair kündigte daraufhin neue Investitionen in Höhe von 200 Millionen Dollar an – darunter auch zwei neue Flugzeuge und zehn neue Strecken.
In Deutschland hat das Bundesverkehrsministerium lediglich angekündigt, die Gebühren der Flugsicherung näher untersuchen zu wollen. Eine schnelle Besserung der Lage ist also vorerst nicht in Sicht.