Gab es Vertuschungen?

Diese Verbindungen hatte Zschäpe offenbar zu den Behörden

30.03.2025 – 13:08 UhrLesedauer: 2 Min.

Beate Zschäpe (Archivbild): Sie soll Kontakte zu den Behörden gehabt haben. (Quelle: Tobias Hase/dpa/Archivbild/dpa)

Beate Zschäpe hatte während ihrer NSU-Zeit möglicherweise direkten Kontakt zu den deutschen Behörden. Das legt nun ein Bericht nahe.

Beate Zschäpe hat nach Informationen der „Bild“-Zeitung während ihrer viertägigen Flucht im November 2011 insgesamt zwölfmal eine Nummer der Verfassungsschutzabteilung des Thüringer Innenministeriums angerufen. Die Kontakte der NSU-Terroristin zu staatlichen Stellen werfen neue Fragen über mögliche Verbindungen zu Sicherheitsbehörden auf.

Laut „Bild“ wurden die Anrufe aus geheimen Akten und durch Aussagen mehrerer Insider bestätigt, die mit dem Fall betraut waren. Auch die frühere Vorsitzende des Thüringer NSU-Untersuchungsausschusses, Dorothea Marx (SPD), bestätigte gegenüber der Zeitung: Zschäpe habe „zehnmal oder mehr“ beim Verfassungsschutz angerufen. Wer genau am anderen Ende der Leitung war, ist jedoch bis heute unklar. Marx erklärte laut „Bild“, sie könne sich „nicht erinnern“.

Bereits vor dem Abtauchen des NSU im Januar 1998 hatte der Thüringer Verfassungsschutz offenbar erwogen, Zschäpe als sogenannte V-Frau anzuwerben. Diese Überlegung sei zwar verworfen worden – offiziell wegen mangelnder Eignung –, doch halten sich Spekulationen über informelle Kontakte bis heute. In Sicherheitskreisen wird seit Jahren darüber diskutiert, ob Zschäpe möglicherweise als Quelle geführt wurde oder gar im Besitz von Insiderwissen war, das sie bei ihrer Flucht nutzen wollte.

Zusätzlich zu den Anrufen werfen auch Ereignisse rund um den 11. November 2011 neue Schatten auf die damalige Aufarbeitung. An diesem Tag, nur eine Woche nach dem Tod von Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt, wurden im Bundesamt für Verfassungsschutz in Köln mehrere Akten vernichtet. Der verantwortliche Beamte Axel Minrath, Deckname Lothar Lingen, hatte später eingeräumt, mit dem Schreddern „Schaden zum Nachteil des BfV abwenden“ zu wollen. Zwei Informanten berichteten „Bild“, es seien deutlich mehr als die bislang bekannten sieben Akten vernichtet worden.

Ein weiterer Vorfall betrifft die Datenanalyse von Zschäpes Mobiltelefonen. Wie die „Bild“-Zeitung aus einem Vernehmungsprotokoll zitiert, soll ein Beamter des Bundeskriminalamts (BKA) versucht haben, die bei der Bundespolizei gesicherten Daten zu löschen – offenbar auf direkte Anweisung aus dem BKA selbst. Die Daten konnten letztlich noch gesichert werden, bis heute ist aber nicht klar, welche Kontakte oder Informationen in den gelöschten Daten enthalten waren. Der zuständige Abteilungsleiter äußerte demnach den Verdacht, dass es einen V-Mann oder einen direkten Kontakt in Zschäpes Umfeld gegeben haben könnte.

Die Löschung der Daten war laut Darstellung des Bundespolizei-Beamten unüblich und ohne formale Grundlage erfolgt. Der Verdacht, dass durch eine „Zuruf“-Anweisung Daten gezielt entfernt werden sollten, sei von ihm intern gemeldet worden – unter anderem an zwei hochrangige Beamte des Bundesinnenministeriums. Dennoch blieb der Vorgang folgenlos.

Offiziell bestreitet das BKA gegenüber „Bild“, dass Telefondaten von Zschäpe überhaupt bei der Bundespolizei zur Auswertung vorlagen. Mehrere Quellen, darunter Aktenkenner und Untersuchungsausschussmitglieder, widersprechen laut der „Bild“ jedoch dieser Darstellung. Beate Zschäpe selbst hat sich zu ihrer Flucht und möglichen Kontakten bislang nicht geäußert.

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