Die Suche nach dem kleinen Pawlow geht in den dritten Tag. Sogar der Bahnverkehr wird zwischenzeitlich eingestellt. Die Zeit drängt.

Seit Dienstag wird in der hessischen Kleinstadt Weilburg ein Sechsjähriger vermisst. Pawlos hatte seine Schule nach dem gemeinsamen Mittagessen verlassen und sich von seiner Klasse entfernt. Er wurde noch einmal in Bahnhofsnähe gesehen, mit einem gestreiften Pullover und einer grauen Jeans bekleidet. Dann verschwand er.

Die Suche nach dem autistisch veranlagten Kind läuft auf Hochtouren. Auch in der Nacht waren Polizeistreifen unterwegs, sagte ein Polizeisprecher t-online am Donnerstagvormittag. Die Beamten fuhren markante Punkte an und gingen Hinweisen nach.

Einen kreativen Versuch, Pawlos anzulocken, startete jetzt eine Bürgerin. Sie hängte überall im Stadtgebiet Luftballons an gut einsehbaren Stellen auf, die nun beobachtet werden. Die Hoffnung: Die Ballons wecken das Interesse des Sechsjährigen – und er verlässt sein Versteck, um zu ihnen zu laufen.

Bereits zuvor hatte Weilburgs Bürgermeister Johannes Hanisch gemutmaßt: „Die Wahrscheinlichkeit, dass er sich irgendwo versteckt hält, ist relativ groß.“

Es ist ein Dilemma: Es könnte sein, dass dem Kind aufgrund seiner autistischen Veranlagung die laute Suche nach ihm Angst macht und es sich immer weiter verkriecht. Aber den Einsatzkräften bleibt trotzdem nichts anderes übrig, als den öffentlichen Raum systematisch abzusuchen.

Am Mittwoch konzentrierte sich die Suche unter anderem auf Bahnstrecken: Pawlos interessiert sich sehr für Züge und beobachtet sie gern. Daher suchte die Polizei rund um Schienen und auch in Tunneln. Der Bahnverkehr wurde dafür zwischenzeitlich eingestellt.

Am Donnerstag liegt der Fokus dem Polizeisprecher zufolge nun mehr auf der Ermittlungsarbeit im Hintergrund: Insbesondere werden Aufnahmen von Kameras in Bussen und Bahnen ausgewertet.

Die Bürger sind weiter aufgerufen, bei sich zu Hause zu schauen: Hat sich Pawlos in einem Garten in eine geschützte Ecke verkrochen, hockt er in einer Höhle und traut sich nicht heraus? Oder ist er vielleicht durch ein unscheinbares Schlupfloch in einen Keller oder eine Schrebergartenhütte gelangt?

Matthias Bollinger, Landesarzt des DRK Hessen und Kinderarzt, schätzte unterdessen Pawlos Überlebenschancen ein. „Es gibt die Faustregel von drei Tagen ohne Wasser“, sagte er. Erwachsene würden Flüssigkeitsmangel tendenziell besser aushalten. Wer zu viel Flüssigkeit verliere, verliere zudem Kraft und im schlimmsten Falle das Bewusstsein und könne dann nicht mehr auf sich aufmerksam machen.

Zentral seien für Pawlos daher die Fragen: „Hat er eine Wasserquelle? Kann er die nutzen? Das erhöht seine Lebenschancen.“

Ansonsten hänge es von vielen Bedingungen und Umständen ab, wie lange der vermisste Junge überleben könne. Eine Woche sei durchaus im Spektrum des Erwartbaren. „Die Temperaturen sind zwar noch etwas niedrig und frisch, aber wir haben eigentlich keinen Frost mehr“, sagte Bollinger. Einen Unterschied mache hingegen, wo sich der Sechsjährige aufhalte. „Wenn er in einem Schuppen ist, ist es was anderes, als wenn er unter einem Busch sitzt. Ist er nass, kühlt er auch aus. Dann sinken die Chancen dramatisch.“

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