Soldaten äußern sich zur Wehrpflicht
„Notwendig für ein verteidigungsbereites Land“
Aktualisiert am 06.03.2025 – 15:23 UhrLesedauer: 4 Min.
Im Jahr 2011 wurde die Wehrpflicht ausgesetzt. Angesichts der Bedrohungslage durch Russland wird nun über eine Reaktivierung diskutiert. Hier verraten Soldaten, wie sie zu dem Thema stehen.
Geht es nach der CSU, sollte bereits dieses Jahr eine Wehrpflicht gelten und die ersten jungen Menschen „durch die Kasernentore schreiten“. Angesichts der Bedrohungslage durch den Aggressor Putin und Trump als unzuverlässigen Partner halten zahlreiche, vor allem konservative, Politiker die Reaktivierung der Wehrpflicht für gegeben.
Auch in der Bevölkerung würden viele diesen Schritt befürworten. Doch viele sprechen sich auch dagegen aus oder können sich in der Frage nicht für ein klares Ja oder Nein entscheiden. Auch unter aktiven und ehemaligen Bundeswehrangehörigen gehen die Meinungen auseinander, wie Zuschriften an t-online zeigen.
„Ich bin dafür, dass jeder junge deutsche Bürger seinen einmaligen Beitrag zur Gesellschaft leisten sollte“, schreibt Berufssoldat Andreas Schuch. „Es gibt eine Menge von Teilbereichen in unserer Gesellschaft, die zeitlich befristet Unterstützung gebrauchen könnten. Altenpflegeheime, Krankenhäuser, Gemeinde-/Stadtverwaltungen, Kindergärten und so weiter und so fort.“
Auch die Bundeswehr wäre ein zu betrachtender Bereich, meint der t-online-Leser. „Ich glaube, dass wir ein bisschen Patriotismus an den Tag legen dürfen, ohne sofort in die rechte Ecke gestellt zu werden. Wir alle dürfen stolz auf unsere gelebte Demokratie und unsere Ansicht zur Freiheit sein.“
Oberstleutnant d.R. Jens-Uwe Wolf mailt: „Eine Rückkehr zur Wehrpflicht halte ich kurz- und mittelfristig für nicht realisierbar. Auch wenn es zunächst eine schöne Idee zur Erhöhung der Einsatzbereitschaft unserer Bundeswehr zu sein scheint, zieht eine solche Entscheidung nicht zwangsläufig auch einen qualitativen Fortschritt nach sich“, so seine Begründung.
„Für die Ausbildung zahlreicher Wehrdienstleistender stehen derzeit weder eine ausreichende Anzahl geeigneter Ausbilder noch die dafür notwendige Infrastruktur und Ausrüstung zur Verfügung. Daher wäre es angebracht, das Konzept der Freiwilligenarmee auch personell weiterzuentwickeln und mit besserer Ausrüstung an die Erfordernisse der heutigen Zeit anzupassen.“
Reserveoffizier Ralf Stegemann hat schon Auslandseinsätze hinter sich, wie er berichtet. „Das sind Geschehnisse, die man keinem Wehrdienstleistenden auferlegen darf.“ Wenn es rein um den Umgang mit militärischen Gütern bis hin zur Waffe sowie das Kennenlernen militärischer Strukturen und Abläufe geht, führe an einer Wehrpflicht angesichts jüngster Vorkommnisse aber kein Weg vorbei.
Seiner persönlichen Überzeugung nach würde eine Wehrpflicht auch „hilfreich für Respekt, Ordnung und Disziplin einer ganzen Generation“ sein. „Hierfür dürfte eine Zustimmung von bestimmt 70 Prozent gegeben sein“, glaubt er.
„Als aktiver Soldat muss ich dies verneinen“, äußert Jörg Hermes. „Mal abgesehen von den kaum noch vorhandenen Liegenschaften zwecks Unterbringung, würde die Einkleidung von ganzen Geburtsjahrgängen gar nicht mehr zu bewerkstelligen sein. Viel sinnvoller und effizienter wäre ein allgemeines Dienstjahr, für männlich, weiblich und divers. Alles andere ist Wunschdenken und führt an der Realität vorbei.“
Daniela Ziemens ist selbst zwar nicht in der Bundeswehr aktiv, hat aber dennoch einen persönlichen Bezug und eine klare Meinung: „Ich schreibe als Mutter eines Bundeswehrsoldaten. In meiner Brust schlagen zwei Herzen. Ich bin stolz, dass mein Sohn uns beschützen will, aber habe gleichzeitig auch Angst um ihn!“
Sie sei für eine Wehrpflicht für alle, auch bewusst für Frauen. „Eine Einstellung für eine bestimmte Zeit, in der Armee und/oder zivilen Bereichen, die zum Schutz aller gelten“, befürwortet sie. „Damit schaffen wir in unserer Gesellschaft endlich wieder den notwendigen Respekt für Berufe, die der Allgemeinheit dienen.“ Als Beispiele führt sie Feuerwehrleute, Soldaten und Lehrer an.
Berufssoldat und Stabsoffizier Gerald Groß meint: „Die Aussetzung der Wehrpflicht“, die er de facto als Abschaffung ansieht, „war in meinen Augen seinerzeit notwendig. Schließlich war eine Wehrgerechtigkeit seit vielen Jahren nicht mehr gegeben. Und dennoch hat diese Entscheidung nicht nur der Bundeswehr großen Schaden hinzugefügt, sondern auch dem Zivildienst. Wo kein Wehrdienstleistender, da auch kein Zivi.