Mittel gegen das Altern gibt es inzwischen in jeder Drogerie. Doch was können Spermidin und Co. wirklich bewirken?

Stellen Sie sich vor: Sie träumen im Sessel vor sich hin, nippen an einem Tee und denken: „Warum tu‘ ich nicht mal was für die ewige Jugend?“ Immerhin ist das Angebot an „Longevity“-Supplementen, also Substanzen, die den Alterungsprozess verlangsamen und unsere Gesundheit im Alter fördern sollen, nahezu erdrückend.

Denn die Anbieter versprechen längst die ewige Jugend in Kapselform. Den Nobelpreis hat es dafür allerdings noch nicht gegeben. Und bevor Sie jetzt losrennen, um sich einen Vorrat an solchen Pillen und Pülverchen zuzulegen, muss ich Ihren Enthusiasmus bremsen: Die Forschung ist sich gegenwärtig noch gar nicht so sicher, ob Sie damit wirklich Erfolg hätten. Mit anderen Worten: Hier fehlt teilweise noch die Evidenz.

Starten wir mit den Antioxidantien: Sie kommen im Gewand von Vitaminen, Mineralien, Coenzym Q10 und Pflanzenstoffen daher – und auch in Form von Enzymen. Antioxidantien wehren freie Radikale ab, das sind Verbindungen, die unsere Zellstrukturen schädigen und zu einer Vielzahl von Krankheiten führen können, zum Beispiel zu Krebs, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder neurodegenerativen Erkrankungen wie Alzheimer und Parkinson. Durch diese Widerstandsleistung können Antioxidantien die Alterung verlangsamen. Klingt super, oder? Tatsächlich eröffnen Tierstudien auch vielversprechende Aussichten.

Aber wir sind nun mal keine Laborratten, Fliegen, Würmer oder Hefekulturen. Beim Menschen wirken Antioxidantien in natürlichen Lebensmitteln im komplexen Zusammenspiel mit anderen Bestandteilen durchaus positiv. Hoch konzentriert zugeführt, könnten sie aber auch kontraproduktiv sein. Sie blockieren nicht nur die bösen freien Radikale, sondern auch die guten Stresssignale, die unser Körper braucht, um fit zu bleiben: Er mag es manchmal ganz gern, wenn er ein bisschen kämpfen muss. In der Anti-Aging- und der „Healthy Longevity“- Medizin (gesunde Langlebigkeit) wird dies das „Hormesis-Prinzip“ genannt. Was wie ein Name aus dem griechischen Götterhimmel klingt, meint aber die positive Wirkung kleiner Mengen von Stressoren auf den Körper, die seine Widerstandsfähigkeit stärken.

Dann wären da noch Booster wie NMN (Nicotinamid-Mononukleotid, aus Vitamin B3 abgeleitet) und Alpha-Ketoglutarat, die unsere Mitochondrien (Zellkraftwerke) ordentlich auf Touren bringen sollen. Oder Zellreinigungshelfer wie Spermidin (eine natürliche Substanz, die in allen menschlichen Zellen vorkommt), die die Zellen zur zellulären Müllabfuhr anregen.

Im Chemielabor unseres Körpers entsteht Spermidin über mehrere Schritte. Es kommt, wie der Name diskret andeutet, im Sperma vor, stabilisiert unsere DNA, regelt die Genexpression – also die Art und Intensität der Umsetzung genetischer Informationen –, die Zellvermehrung und den zellulären Reinigungsprozess, wenn die Zellen zu alt sind. Spermidin kann antioxidativ wirken, indem es die Rate reaktiver Sauerstoffspezies reduziert und die Autophagie, also die zelluläre Müllabfuhr, fördert. Langlebigkeitsmediziner empfehlen es und nehmen es fleißig selbst – immer in der Hoffnung, so den Alterungsprozess hinauszögern zu können.

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