Zu einer Erbschaft gehören nicht nur Guthaben, sondern auch Schulden. Wer eine Erbschaft annimmt, sollte sich rechtzeitig informieren. Sonst kann es Sie Ihr Vermögen kosten.
Wenn eine Person stirbt, gehen ihre Schulden nicht einfach verloren oder lösen sich in Luft auf. Stattdessen werden sie Teil des Nachlasses und können auf die Erben übergehen. Wenn Sie eine Erbschaft erwarten, kann diese also nicht nur aus Bargeld, Wertpapieren oder Schmuck bestehen, sondern auch aus Schulden. Das Wichtigste für Sie zusammengefasst.
Grundsätzlich gehen alle Vermögenswerte und Verbindlichkeiten eines Verstorbenen im Rahmen der Gesamtrechtsnachfolge auf die Erben über. Das bedeutet, dass die Erben sowohl das Positive (Vermögen) als auch das Negative (Schulden) erben. Zu den vererbbaren Schulden gehören unter anderem:
- Verbindlichkeiten aus Verträgen (zum Beispiel unbezahlte Rechnungen, Miete)
- Steuerschulden
- Darlehensverbindlichkeiten aus laufenden Krediten
- Schadensersatzansprüche
Haben die Ehepartner ihren Nachlass testamentarisch geregelt – zum Beispiel mit einem „Berliner Testament“ – wird in vielen Fällen der länger lebende Ehepartner Alleinerbe. Er wäre damit auch von eventuellen Schulden betroffen. Bei der gesetzlichen Erbfolge ohne Testament bilden der Ehepartner und die Kinder jedoch in der Regel eine Erbengemeinschaft, sodass alle gemeinsam von den Schulden betroffen sind.
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Wie nun können Erben damit umgehen, dass sie nicht für die Schulden des Erblassers aufkommen müssen? Der Gesetzgeber räumt den Erben verschiedene Möglichkeiten ein.
Die erste Option ist, die Erbschaft anzunehmen. Dabei gilt: Die Erben haften mit ihrem gesamten Privatvermögen für die Schulden des Verstorbenen. Bei mehreren Erben bildet sich eine Erbengemeinschaft, die gemeinsam für die Schulden haftet.
Die zweite Option ist, die Erbschaft auszuschlagen, wenn der Erblasser überschuldet war. Allerdings können Sie Schulden nicht isoliert ausschlagen. Mit der Ausschlagung der Erbschaft verzichten Sie auf alles, was zur Erbschaft gehört, darunter möglicherweise auch Dinge, die lediglich einen emotionalen Wert haben, wie Fotoalben, Erinnerungsstücke oder Ähnliches.
Die ganze Erbschaft auszuschlagen, ist vor allem dann sinnvoll, wenn der Nachlass nur aus Schulden besteht. Dabei gilt es zu beachten, dass Sie die Erbschaft innerhalb von sechs Wochen nach Kenntnis des Erbfalls ausschlagen müssen. Eine Verlängerung dieser Frist ist nicht möglich. Mit der Ausschlagung geht das Erbe an den nächsten in der Erbfolge über.
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Gut zu wissen: Eine Erbausschlagung ist nur möglich, wenn Sie die Erbschaft nicht bereits angenommen haben. Diese Annahme muss nicht ausdrücklich gegenüber dem Nachlassgericht erklärt werden; sie kann sich auch aus Ihrem Verhalten nach dem Erbfall ergeben. Beispielsweise kann der Zugriff auf das Konto des Verstorbenen als stillschweigende Annahme gelten, wodurch die Erbschaft im Nachhinein nicht mehr ausgeschlagen werden kann.
Der Zeitraum von sechs Wochen ab Kenntnis des Erbfalls bis zur Ausschlagung der Erbschaft ist oft zu kurz, um den Umfang sowohl des vorhandenen Vermögens als auch der Schulden zu ermitteln. Eine Erbschaft „ins Blaue hinein“ kann für Sie aber in jeder Hinsicht finanziell nachteilig sein – insbesondere dann, wenn zwar Schulden bestehen, diese aber durch vorhandenes Vermögen beglichen werden können.
Wenn Sie das Erbe vorzeitig ausschlagen, können Sie keine Ansprüche mehr geltend machen und gehen leer aus. Gehen Sie am besten wie folgt vor:
- Überprüfen Sie alle Konten und sichten Sie vorhandene Dokumente des Verstorbenen.
- Verschaffen Sie sich einen Überblick über das Vermögen und eventuelle Schulden.
- Konsultieren Sie einen Rechtsanwalt oder Steuerberater.
- Wenn der Nachlass überwiegend aus Schulden besteht, ist es sinnvoll, die Erbschaft auszuschlagen. Beachten Sie, dass Sie dann auf alles verzichten, auch auf mögliche Vermögenswerte.
- Wenn Sie unsicher sind, die Erbschaft aber nicht vorschnell ausschlagen wollen, nehmen Sie die Erbschaft vorsorglich an und schützen sich gleichzeitig vor einer möglichen Haftung, indem Sie beim Nachlassgericht eine Nachlassverwaltung beantragen.
In einer solchen Situation wird ein Nachlassverwalter bestellt, der den Nachlass ordnet und Schulden aus dem vorhandenen Vermögen begleicht. Außerdem bleibt in diesem Fall die Haftung der Erben auf den Nachlass beschränkt. Das bedeutet: Können die Schulden des Erblassers nicht vollständig aus dem Nachlassvermögen beglichen werden, haften die Erben nicht für die verbleibenden Schulden.
Reicht der Nachlass zur Schuldentilgung nicht aus, kann ein sogenanntes Nachlassinsolvenzverfahren eröffnet werden. Dabei handelt es sich um ein „normales“ Insolvenzverfahren, das sich ausschließlich auf den Nachlass beschränkt.
Um Probleme mit geerbten Schulden zu vermeiden, erstellen Sie am besten zu Lebzeiten ein Testament, um die Erbfolge zu regeln. Haben sich hohe Schulden angesammelt, bei denen die Aussicht auf Tilgung zu Lebzeiten gering ist, könnten Sie mit potenziellen Erben einen Erbverzicht vereinbaren.
Es ist wichtig, dass sich Erben über ihre Rechte und Möglichkeiten bei geerbten Schulden rechtzeitig informieren und im Zweifelsfall rechtliche Beratung in Anspruch nehmen, um die für sie beste Entscheidung zu treffen.