
Das Ermittlerteam hingegen wirkt noch nicht gefestigt. Es ist deutlich spürbar, dass Ermittlerin Gorniak (Karen Hanczewski, Ausstieg 2025) fehlt. Winkler wirkt in ihrer Einsamkeit fast verloren, was zwar zur Geschichte passt, aber kaum Raum für Teamdynamik lässt. Kriminalhauptkommissar Schnabel (Martin Brambach) sorgt für die wenigen Momente von Leichtigkeit, ohne den Ton zu brechen.
„Tatort: Nachtschatten“ ist kein klassischer Krimi. Der Mordfall tritt in den Hintergrund, vielmehr geht es zunächst um die Suche nach Amandas Schwester Jana. Wer zum Auftakt in ein neues Krimijahr leichte Kost erwartet, ist hier falsch. Im Zentrum stehen psychologische Machtspiele, verdrängte Erinnerungen und Schuldfragen.
Der „Tatort“ erinnert über eine lange Zeit stark an reale Fälle. Etwa an den der Österreicherin Natascha Kampusch, die im Alter von zehn Jahren von Wolfgang Přiklopil entführt und acht Jahre lang bis zu ihrer Flucht in dessen Keller gefangen gehalten worden war. Oder auch an Josef Fritzl, der seine Tochter 24 Jahre lang eingesperrt und tausendfach vergewaltigt hatte.
Regisseurin Saralisa Volm sagte über die Thematik für ihr „Tatort“-Debüt: „Prinzipiell interessieren mich menschliche Abgründe und unsere Motivationen. Was bringt uns dazu, böse zu sein, wütend zu sein, Freiheit zu rauben? Die meisten von uns handeln aus guter Absicht, wollen das Richtige tun, folgen einem inneren Kompass. Wenn dieser fehlgeleitet ist, landen wir schnell in der Katastrophe. Und welches Gefühl kann uns besser fehlleiten als die Liebe?“
Mit „Nachtschatten“ ist Saralisa Volm ein düsterer, ambitionierter Film gelungen, der trotz einiger Schwächen überzeugt. Fans psychologisch vielschichtiger Stoffe kommen auf ihre Kosten. Allen anderen soll ebenfalls empfohlen sein, einzuschalten. Der recht zeitlose „Tatort“ bleibt spannend bis zum Schluss und auch darüber hinaus hängen.
Wie gefiel Ihnen dieser „Tatort“? Schreiben Sie eine E-Mail an Lesermeinung@stroeer.de. Bitte nutzen Sie den Betreff „Tatort“ und begründen Sie.