Wann Hersteller für mögliche Corona-Impfschäden haften

Wenn es Anhaltspunkte dafür gibt, dass der Impfstoff den Schaden verursacht hat, kann der Geschädigte vom Hersteller Auskunft verlangen. Das gilt aber wiederum nur, wenn die Auskunft notwendig ist, um festzustellen, ob ein Anspruch auf Schadenersatz besteht. Der Anspruch richtet sich auf dem Unternehmen bekannte Wirkungen, Nebenwirkungen und Wechselwirkungen sowie Verdachtsfälle und sämtliche weitere Erkenntnisse, die für die Bewertung der Vertretbarkeit schädlicher Wirkungen wichtig sein können.

Die Klage, um die es nun in Karlsruhe geht, hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz habe darauf verwiesen, dass der Impfstoff von Astrazeneca laut der Europäischen Arzneimittelagentur ein positives Nutzen-Risiko-Verhältnis aufgewiesen habe, sagt Rudolf Ratzel, Fachanwalt für Medizinrecht. Auch zahlreiche andere deutsche Gerichte hätten einen Haftungsanspruch des Herstellers mit dieser Begründung abgelehnt.

Das Argument der Klägerin, die Fachinformation sei unzureichend gewesen, überzeugte das OLG auch nicht. „Die Besonderheit dieses Verfahrens ist, dass Astrazeneca 2024 selbst die Zulassung zurückgegeben hat“, sagt Ratzel. „Das OLG hat aber gesagt, es komme nicht auf den Zeitpunkt des Widerrufs der Zulassung durch den Hersteller an, sondern auf den der Impfung.“

In der vorläufigen Einschätzung des zuständigen sechsten Zivilsenats wurde deutlich, dass die Karlsruher Richterinnen und Richter der Vorinstanz in einigen Punkten wohl nicht zustimmen. Womöglich könnte das OLG etwa zu Unrecht davon ausgegangen sein, dass der Klägerin kein Anspruch auf Auskunft zustehe, sagte der Vorsitzende Richter, Stephan Seiters. Die Anforderungen hierfür dürften nicht zu hoch angesetzt werden, mahnte er. Wichtig sei, dass ein Zusammenhang zwischen Impfung und Schaden plausibel scheine.

Wenn der Auskunftsanspruch vom OLG womöglich fälschlicherweise verneint wurde, könnte wohl allein deshalb auch die Begründung, mit der ein Anspruch auf Schadenersatz abgelehnt wurde, der Prüfung des BGH nicht standhalten. Der Senat stellte zudem in den Raum, es könnte für eine abschließende Bewertung des Falls vielleicht eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof nötig sein. Eine Entscheidung soll am 9. März fallen.

Womöglich könnte die Haftung der Hersteller aber auch dann ausgeschlossen sein, wenn der BGH doch ein negatives Nutzen-Kosten-Verhältnis sieht, erklärt Rechtsanwalt Ratzel weiter. Denn es gebe noch eine wichtige Regelung in der sogenannten „Medizinischer Bedarf Versorgungssicherstellungs-Verordnung“. Danach seien Ansprüche gegen Pharmaunternehmen ausgeschlossen, wenn das Bundesministerium für Gesundheit Arzneimittel als Reaktion auf die Verbreitung des Corona-Virus beschafft und in den Verkehr bringt. In Gerichtsentscheidungen hätte die Verordnung bisher aber keine Rolle gespielt.

Mit dieser Frage hat sich der BGH erst im Oktober beschäftigt und entschieden: Nein, die impfenden Ärztinnen und Ärzte müssen jedenfalls nicht persönlich für mögliche Corona-Impfschäden vor Gericht einstehen. Die Verantwortung für etwaige Aufklärungs- oder Behandlungsfehler bei einer bis April 2023 vorgenommenen Corona-Schutzimpfung treffe grundsätzlich den Staat. Entsprechende Klagen von Geschädigten müssten sich demnach gegen Bund oder Länder richten, nicht aber gegen die Ärzte. (Az. III ZR 180/24)

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