Landtagswahl

Wahl-Duell in Brandenburg: AfD und SPD kämpfen um den Sieg

Aktualisiert am 20.09.2024 – 14:48 UhrLesedauer: 5 Min.

Sie treten für ihre Parteien bei der Landtagswahl an: die Spitzenkandidaten der Brandenburger Parteien. (Archivfoto) (Quelle: Annette Riedl/dpa/dpa-bilder)

Die Brandenburger Landtagswahl ist so spannend wie nie. Sie könnte eine Richtungswahl für oder gegen rechts werden. Im Kampf gegen die AfD setzt SPD-Regierungschef Woidke alles auf eine Karte.

Schon seit der Wiedervereinigung im Jahr 1990 stellt die SPD in Brandenburg den Regierungschef. Nun liefern sich AfD und SPD auf den letzten Metern vor der Wahl einen Zweikampf. Drei Wochen nach den Wahlen in Sachsen und Thüringen geht es am Sonntag nicht nur darum, ob die AfD stärkste Kraft wird – es wäre das erste Mal in Brandenburg und das zweite Mal nach Thüringen bei einer Landtagswahl überhaupt. Der Brandenburger Verfassungsschutz stuft die AfD als rechtsextremistischen Verdachtsfall ein. Eine Regierungsoption ist aber bisher nicht in Sicht, denn keine Partei will mit ihr koalieren.

Es geht am Sonntag auch um die Zukunft von Ministerpräsident Dietmar Woidke. Der 62-Jährige hat alles auf eine Karte gesetzt. Die Wahl ist für ihn die „größte politische Herausforderung meines ganzen Lebens“, sagte er dem Sender ntv. Er will bei einem AfD-Wahlsieg nicht in Regierungsverantwortung bleiben. „Dann bin ich weg.“ Beim Gewinn seines Direktmandats will Woidke aber weiter Landtagsabgeordneter sein.

Die jüngsten Umfragen zeigen kein ganz klares Bild, aber das Rennen ist wieder knapper geworden. Beim ZDF-Politbarometer Extra der Forschungsgruppe Wahlen vom Donnerstag liegt die AfD bei 28 Prozent und die SPD bei 27 Prozent. Dahinter folgen die CDU mit 14 Prozent und das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW), das auf 13 Prozent kommt. Grüne, Linke und BVB/Freien Wähler schaffen der Umfrage zufolge nicht die Fünf-Prozent-Hürde. Eine Partei oder Vereinigung kann aber auch mit mindestens einem Direktmandat in den Landtag einziehen, wenn sie darunter bliebe. Ältere Umfragen hatten die AfD teilweise mit größerem Abstand vor der SPD gesehen.

Amtsinhaber Woidke gibt sich zuversichtlich mit Blick auf den Wahlausgang. Diesen Optimismus zieht er unter anderem aus dem vergleichsweise hohen Wirtschaftswachstum, der von ihm mit eingefädelten Tesla-Ansiedlung, der Mehrheit aus Umfragen, die ihn im Amt halten will – und daraus, dass es der SPD schon bei der Wahl 2019 gelungen ist, die AfD auf den letzten Metern einzuholen. Der Vorsprung der AfD drehte sich damals neun Tage vorher zugunsten der SPD.

Woidke hat eine Aufholjagd gestartet, die völlig konträr zur Lage der SPD bundesweit ist. In jüngsten Umfragen kam die Partei bundesweit auf um die 15 Prozent. Kein Wunder, dass der Amtsinhaber nicht unbedingt mit SPD-Kanzler Olaf Scholz Wahlkampf machen will, auch wenn der in Potsdam wohnt. Scholz ist allerdings im Rahmen seiner Sommerreise in Brandenburg unterwegs und wirbt auch für Woidke. „Die Brandenburgerinnen und Brandenburger wollen ihn weiter als Regierungschef in Brandenburg haben – ich auch“, sagte er am Freitag. Überraschende Unterstützung bekam Woidke von Sachsens CDU-Regierungschef Michael Kretschmer, der für Stabilität warb und sagte: „Wir müssen zusammenhalten.“

In Sachsen schaffte es Kretschmer, die CDU auf Platz eins zu bringen. Sollte die AfD in Brandenburg stärkste Kraft werden und die SPD den zweiten Platz belegen, hätte Finanzministerin Katrin Lange als stellvertretende SPD-Landeschefin vermutlich den ersten Zugriff für eine Nachfolge von Woidke. Zunächst ginge es um die schwierige Aufgabe, eine Regierung zu bilden. Aber auch Wissenschaftsministerin Manja Schüle und Fraktionschef Daniel Keller gelten als potenzielle Anwärter.

Die AfD will Woidke aus der Staatskanzlei „jagen“, wie es Landeschef René Springer bei einer Wahlkampfveranstaltung in Forst (Lausitz) – der Heimat von Woidke – formulierte. AfD-Spitzenkandidat Hans-Christoph Berndt, den der Verfassungsschutz als rechtsextrem einordnet, will mit der Wahl auch ein Zeichen gegen die Bundesregierung setzen: „Wir haben es auch in der Hand, mit diesen Schlägen die Ampel zu zertrümmern“, sagte er in Forst.

Der Extremismusforscher Gideon Botsch ist der Ansicht, dass die AfD in Brandenburg im Zuge der Migrationsdebatte radikaler geworden ist. „Die Sprache ist deutlich radikalisiert, das Auftreten ist deutlich radikalisiert, und der Tendenz nach findet auch eine Nazifizierung statt“, sagte der Potsdamer Politikforscher.

Der mutmaßlich islamistische Anschlag in Solingen Ende August mit drei Toten hat die Debatte über Migration und Asyl verschärft. CDU-Innenminister Michael Stübgen sorgt kurz vor der Wahl mit der Ansicht für Kritik, dass das Asylrecht im Grundgesetz wegen der Genfer Flüchtlingskonvention abgeschafft werden könnte. Woidke fordert, die Migrationspolitik der vergangenen zehn Jahre auf den Prüfstand zu stellen.

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