Firmenchef tritt zurück

E-Auto-Zulieferer Northvolt beantragt Gläubigerschutz

Aktualisiert am 23.11.2024 – 08:24 UhrLesedauer: 4 Min.

Northvolt ringt seit Längerem mit seinen Finanzen: Jetzt ist auch Firmenchef Peter Carlsson zurückgetreten. (Archivbild) (Quelle: Britta Pedersen/dpa/dpa-bilder)

Batteriehersteller Northvolt steht in den USA unter Gläubigerschutz. Was bedeutet das für den geplanten Bau einer Fabrik in Deutschland?

Der finanziell angeschlagene schwedische Batteriehersteller Northvolt hat in den USA einen speziellen Insolvenzantrag gestellt und Gläubigerschutz beantragt. Das Unternehmen meldete am Abend ein Restrukturierungsverfahren gemäß „Chapter 11“ des US-Insolvenzrechts an, wie es mitteilte. Damit will sich Northvolt vor Forderungen der Gläubiger schützen, während es um seine Zukunft als eigenständiges Unternehmen ringt.

Zudem ist nach dem Antrag Firmenchef Peter Carlsson zurückgetreten. Er bleibe dem Unternehmen aber als Mitglied des Aufsichtsrates sowie als führender Berater erhalten, teilte Northvolt in Stockholm mit. Carlsson führte Northvolt seit der Firmengründung im Jahr 2016 und zählt zu den Mitgründern des Unternehmens.

Video | Insolvenz: Wann es passiert und was das bedeutet

Quelle: t-online

Für Northvolt als auch für ihn persönlich beginne nun eine wichtige neue Phase, wurde Carlsson in einer Unternehmensmitteilung zitiert. Der Chapter-11-Antrag verschaffe dem Unternehmen eine Zeitspanne, in der es sich neu organisieren, den Betrieb hochfahren sowie gleichzeitig Verpflichtungen gegenüber Kunden und Lieferanten erfüllen und sich letztlich langfristig aufstellen könne. Daher sei es für ihn ein guter Zeitpunkt, die Geschäfte an die nächste Führungsgeneration zu übergeben.

Die Unternehmensführung soll nun aus der Finanzchefin Pia Aaltonen-Forsell und dem neuen Vorstand für das operative Geschäftm Matthias Arleth bestehen. Die beiden sollen zudem von Scott Millar als Insolvenzverwalter unterstützt werden. Die Suche nach einem neuen Firmenchef hat Northvolt bereits eingeleitet, so das Unternehmen.

Der Insolvenzantrag ermögliche Zugang zu neuen Finanzierungsquellen, teilte Northvolt mit. 100 Millionen US-Dollar (etwa 95 Millionen Euro) würden dem Unternehmen von einem Kundenunternehmen im Rahmen einer Art Brückenfinanzierung bereitgestellt. Darüber hinaus erhalte Northvolt von Kreditgebern Zugang zu etwa 145 Millionen US-Dollar (sogenanntes Cash Collateral, zu Deutsch: Barsicherheit).

Northvolt galt hinsichtlich der Batterieproduktion für E-Autos lange Zeit als großer Hoffnungsträger der europäischen Automobilindustrie. Der größte Anteilseigner des Herstellers ist der deutsche Autobauer Volkswagen. Zu den Eigentümern gehören auch die US-Investmentbank Goldman Sachs und BMW.

Noch ist nicht abzusehen, was der Insolvenzantrag konkret für den Bau einer Northvolt-Gigafabrik im schleswig-holsteinischen Heide bedeutet. Das Unternehmen erklärte dazu: Die deutsche Tochter werde unabhängig von der Muttergesellschaft finanziert. „Sie ist nicht Teil des Chapter 11-Verfahrens.“

Deutschlandchef Christofer Haux sagte, „in Dithmarschen schreiten die Bauarbeiten derweil weiter voran. Der Standort genießt höchste Priorität“. Klar ist aber bereits, die Fabrik soll später ihre Arbeit aufnehmen als zunächst geplant. Die Zellmontage soll erst in der zweiten Jahreshälfte 2027 starten, statt bereits Ende 2026.

Anfang des Jahres hatte die EU-Kommission Fördermittel und Garantien für das Milliardenprojekt in Heide von mehr als 902 Millionen Euro genehmigt. Der Bund und das Land Schleswig-Holstein unterstützen den Bau der Batteriefabrik mit rund 700 Millionen Euro. Hinzu kommen mögliche Garantien über weitere 202 Millionen Euro.

Eine Verwaltungsvereinbarung sieht vor, dass zunächst die Landesmittel in Höhe von 137 Millionen Euro fließen sollen. Das ist bislang aber nicht der Fall gewesen. Auf den Bund entfallen etwa 564 Millionen.

Der Batteriehersteller verwies darauf, dass der Bau in Norddeutschland im gemeinsam mit Bundes- und Landesregierung festgelegten Zeitplan liege: „Es wurden bisher keine Fördermittel in Anspruch genommen, und Northvolt Germany wird, solange die Restrukturierung der Muttergesellschaft andauert, auch weiterhin keine Mittel abrufen.“

Schleswig-Holsteins Staatskanzleichef Dirk Schrödter (CDU) sieht Chancen für einen Restrukturierungsplan gemeinsam mit den Gläubigern. Es sei bedauerlich, dass noch keine gesicherte Finanzierung für den Mutterkonzern in Schweden gelungen sei, sagte Schrödter. „Es ist gut, dass nach den Diskussionen der letzten Wochen jetzt Klarheit über das weitere Verfahren und die nächsten Schritte herrscht.“

„Es ist gut, dass die Bauarbeiten in Heide weiterlaufen und nun konkrete Aussagen zum Zeitplan getroffen wurden“, sagte Schrödter. Das Land werde alle förderrechtlichen Fragen gemeinsam mit dem Bund prüfen. „Fragen betreffend etwaige Risiken für den Bund und das Land werden derzeit eingehend mit dem Bund besprochen und bewertet, über die Risikoposition des Bundes und des Landes hinsichtlich der Wandelanleihe kann somit derzeit noch keine Aussage getroffen werden, da das Verfahren unter Chapter 11 erst beginnt“, erklärte Schrödter.

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