Das kann doch nicht wahr sein. Ständig wird Deutschland als ESC-Verlierer verspottet. An der Musik kann es nicht liegen. Die Gründe sind vielfältiger.
Doch warum schneidet Deutschland immer und immer wieder so schlecht ab? An Jendriks Titel “I Don’t Feel Hate” aus dem Jahr 2021 erinnert sich heute schon niemand mehr: Damals wurde Deutschland Vorletzter. Malik Harris hat uns vergangenes Jahr mit “Rockstars” auch keinen Ohrwurm beschert, dafür aber einen letzten Platz. Aus deutscher Sicht war das Jahr 2020 noch am besten – denn da fand der Wettbewerb gar nicht erst statt.
Einen letzten Platz hat dieser Sound nicht verdient
Bei aller Liebe, manch andere Beiträge waren deutlich miserabler. Oder würden Sie das Geschrei der Spanierin Blanca Paloma freiwillig auflegen, die kroatische Ulknummer zu mehr als nur zur Belustigung anschauen? Spanien holte 82 Punkte mehr als Deutschland, bei Kroatien sind es sogar 105 Zähler Vorsprung. An Musik und Performance kann es damit nicht liegen.
Ja, Deutschland liefert keine ESC-Kracher. Aber so krachend zu scheitern, lässt die Alarmglocken schrillen. Dieser europäische Wettbewerb macht deutlich: Wir haben ein Problem. Ein Problem mit unserem Image, mit unserer Beliebtheit in der Welt. Deutschland scheint im Ranking der sympathischsten Länder abgeschlagen, in der Popularitätsskala abgesunken. Vorbei die Zeiten, in denen Lena mit “Satellite” 2010 zum Sieg gewählt wurde oder Nicole 1982 mit “Ein bißchen Frieden”.
ESC: Loreen aus Schweden gewinnt Eurovision2023 – und den ESC zum zweiten Mal. (Quelle: Glomex)
Zeit, das Image aufzupolieren
In der EU als bevölkerungsreichstes Land die größte Geige spielen, bei der Organisation des ESC zu den “Big Five” gehören, weltweit drittgrößtes Exportland sein: Das scheint nicht gut anzukommen. Früher hieß es ironisch bei allem, was schieflief: “Danke Merkel”. Dem muss nun wohl ein “Danke Scholz” hinzugefügt werden.
Da hilft weder “Blood & Glitter” noch demokratischer NDR-Vorentscheid. Zeit, sich zurückzunehmen, das Image aufzupolieren, den Ruf wiederherzustellen. Dafür braucht es im nächsten Jahr eine Frau am Mikrofon: uneitel, unbekannt, unprätentiös – aber mit einer überraschenden Klangfarbe, einem guten Song und einer selbstironischen Botschaft im Gepäck. Diese muss der Welt zeigen: Deutschland ist kein Macker-Land, keine Macho-Nation, keine arrogante Großmacht.
Wir sind einfach nur 83,2 Millionen Menschen mit dem Wunsch, auch mal wieder etwas zu gewinnen – wenn schon nicht im Fußball, dann wenigstens in der Musik. Zeit, dass sich was dreht.