
„Relativierung des Holocaust“
Streit um Anne-Frank-Bild in Potsdam
17.12.2025 – 15:14 UhrLesedauer: 3 Min.
Anne Frank mit Palästinensertuch? Ein Bild des Holocaust-Opfers in einem Potsdamer Museum löst Kritik aus. Auch die Staatsanwaltschaft ermittelt.
Der Streit schwelt seit Wochen um die Ausstellung „COMUNE – Das Paradox der Ähnlichkeit im Nahostkonflikt“ des italienischen Künstlers Costantino Ciervo. Die Auseinandersetzung tobt zwischen dem privaten Museum Fluxus+ und der Jüdischen Gemeinde der Stadt Potsdam. Die Botschaft Israels in Deutschland bezeichnete das Bild von Anne Frank als „Delegitimierung Israels und Relativierung des Holocausts“.
Anne Frank wurde in Frankfurt am Main geboren. Nach der Flucht der Familie aus Nazi-Deutschland in die Niederlande lebte das jüdische Mädchen während des Zweiten Weltkriegs in Amsterdam. In einem Versteck schrieb sie ihr weltberühmtes Tagebuch. 1945 starb sie im Konzentrationslager Bergen-Belsen im Alter von 15 Jahren.
In der Potsdamer Ausstellung ist Anne Frank mit dem Palästinensertuch Kufiya um die Schultern zu sehen, schreibend auf einem Tablet. Der Künstler will damit die Frage des Vorgehens der israelischen Armee im Gaza-Krieg thematisieren, wie Ciervo, der in Berlin lebt und für kontroverse Arbeiten bekannt ist, dazu schreibt. Mit seinem Projekt will er auch „eine kritische Reflexion über Konflikte und über die Gemeinsamkeiten anregen, die scheinbar weit voneinander entfernte Kulturen verbinden“.
Als Reaktion auf den Streit hat das Museum Ende November neben dem Bild von Anne Frank ein Statement angebracht, in dem es unter anderem heißt: „Ihr Andenken als Opfer des Holocaust steht nicht nur für die Erinnerung an die Shoa, sondern wird zum universellen Symbol der Verurteilung von Gewalt.“
Auf der Plattform X kritisierte die Botschaft Israels dagegen: „Das ist leider ein Paradebeispiel für Tendenzen in der Kulturszene: Unter dem Deckmantel künstlerischer Freiheit werden Geschichtsklitterung, Antisemitismus – und letztlich auch Terror – normalisiert.“
„Die einfachste Variante wäre, dieses Bild abzuhängen. Es verletzt die Gefühle der jüdischen Gemeinde“, sagte der Beauftragte gegen Antisemitismus des Landes Brandenburg, Andreas Büttner, der vor Wochen intervenierte. Das lehnt das Museum weiterhin ab. „Ein inhaltlicher Eingriff in die Ausstellung und was abzuhängen, kommt nicht infrage“, sagte der Geschäftsführer des Museums Fluxus+, Tamás Blénessy. Den Vorwurf des Antisemitismus weist er zurück.
Als Vorschlag für eine Lösung steht nun im Raum, dass die jüdische Gemeinde wiederum einen Textbeitrag mit ihrer Kritik verfasst, der neben dem Anne Frank-Porträt zu lesen ist. „Wir haben das zugesagt“, sagte Museumsmanager Blénessy der Nachrichtenagentur dpa. Es habe zuvor auch Überlegungen gegeben, einen Vorhang vor das Bild zu hängen mit einer „Trigger-Warnung“.