Der Finanzmarkt ist auch deshalb so spannend, weil er gesellschaftliche Entwicklungen vorwegnimmt. Auch der Ukraine-Krieg steckt in den Kursen.

Wenn eine Aktie an einem Handelstag zehn Prozent verliert, sprechen Börsianer gewöhnlich von einer bitteren Enttäuschung oder einem Schock. Denn irgendetwas muss beim betroffenen Konzern dann im Argen liegen. Vergangene Woche jedoch konnte man die Kursverluste bei Rheinmetall als Hoffnungsschimmer interpretieren. Denn der Aktienmarkt preiste innerhalb weniger Stunden neue Entwicklungen bezogen auf die Ukraine ein.

Konkret ging es um mögliche erste Verhandlungen zwischen den USA und Russland. Bei Rheinmetall gab es also keine negativen operativen Verwerfungen. Die Aktie litt vielmehr unter den Spekulationen über mögliche Gespräche zwischen Trump und Putin.

An der Börse sind solche schnellen Reaktionen oft zu beobachten. „Das Motto ‚Buy the rumor, sell the fact‘ (‚Kaufe bei Gerüchten, verkaufe bei Fakten‘, Anm. d. Red.) kennt man seit Jahrzehnten“, erläutert Jürgen Molnar vom Broker RoboMarkets, der selbst in den 1990er-Jahren am Frankfurter Parkett als Börsenhändler unterwegs war. „Aktienmärkte preisen Entwicklungen schnell ein. Mit dem extrem schnellen Computerhandel hat sich dies nun noch einmal beschleunigt“. Abzulesen war dies auch an Aktien, die man so nicht jeden Tag auf den Gewinnerlisten sieht. „Die Erste Bank aus Österreich war ebenso wie Raiffeisen Centro oder Lufthansa in den vergangenen Jahren nicht gerade ein Highflyer am Markt“, so die Experten vom Lynx-Broker.

Doch genau diese drei Titel sind gegenwärtig die besten Seismografen für mögliche Verhandlungen über einen Waffenstillstand. „Die österreichischen Banken waren die ersten, die bei Ausbruch des Krieges litten und über die Zeit heftige Kursverluste einfuhren“, so Stefan Riße von Acatis. Durch die früher engen Beziehungen zu Russland war man von Sanktionen stark getroffen und musste ganze Geschäftszweige abwickeln. Die Nähe nach Osteuropa ist trotzdem geblieben. Bei der Lufthansa haben starke Kursreaktionen auf mögliche positive Entwicklungen im Krieg Russland – Ukraine direkte monetäre Folgen. Denn Richtung Asien muss die Lufthansa derzeit wie viele andere den russischen Luftraum umfliegen.

Flugverbindungen nach Japan beispielsweise sind seither zum einen weniger rentabel, und zum anderen konkurriert man im China-Geschäft mit jenen Airlines, die eben doch den russischen Luftraum durchfliegen. „Wir werden in China nicht von der Nachfrage gebremst, sondern von ungleichen Wettbewerbsbedingungen“, sagte Lufthansa-Chef Carsten Spohr im vergangenen Herbst. Gleichzeitig hofft man, dass in zwei bis drei Jahren der russische Luftraum wieder frei sein könnte. Das würde den chinesischen Markt neu öffnen. Eigentlich wäre auch Metro vergangene Woche mit seinen Verbindungen nach Osteuropa mit plus 5 bis 10 Prozent zu erwarten gewesen. Die Aktie lieferte jedoch sogar 35 Prozent Kursgewinn. Grund war dort jedoch, dass der Großaktionär Metro von der Börse nehmen will und ein Angebot deutlich über dem aktuellen Kurs diskutiert wird.

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