Eines der meist verordneten Schmerzmittel

Bericht: Tramadol von Grünenthal ist gefährlich


20.03.2025 – 16:13 UhrLesedauer: 2 Min.

Grünenthal in Stolberg (Archivbild): Das Pharmaunternehmen stellt das Opioid Tramadol her. (Quelle: IMAGO/Hans-Jürgen Serwe)

Tramadol, ein häufig verschriebenes Schmerzmittel des Aachener Pharmaunternehmens „Grünenthal“ birgt erhebliche Abhängigkeitsrisiken. Experten warnen vor unzureichender Kontrolle und steigendem Missbrauch.

Tramadol zählt zu den stärksten verfügbaren Schmerzmitteln in Deutschland. Das synthetische Opioid wurde in den 1970er-Jahren von der Aachener Pharmafirma Grünenthal entwickelt und wird vor allem bei mittelschweren bis starken Schmerzen eingesetzt. 2023 wurde es rund 2,5 Millionen Mal verschrieben. Trotz seiner weiten Verbreitung birgt das Medikament erhebliche Risiken, weil es stark abhängig machen kann und die Herausgabe nicht kontrolliert wird. Das hat jetzt der „Spiegel“ herausgefunden.

Tramadol ist neben Tilidin das am häufigsten verschriebene Opioid in Deutschland. Verschrieben wird es etwa bei chronischen Rückenschmerzen. Es gilt zwar als „schwaches Opioid“, doch Experten warnen vor seinem erheblichen Abhängigkeitspotenzial. Nebenwirkungen wie Übelkeit, Schwindel und Krampfanfälle treten häufig auf. Besonders gefährlich ist das Medikament in Kombination mit Alkohol oder Beruhigungsmitteln – eine Überdosierung kann lebensbedrohliche Atemdepressionen auslösen.

Im Gegensatz zu Morphin oder Fentanyl fällt Tramadol allerdings nicht unter das Betäubungsmittelgesetz. Hausärzte können es also regulär verschreiben, ohne besondere Auflagen – es ist schließlich nicht betäubungsmittelrezeptpflichtig – erfüllen zu müssen. Kritiker fordern seit Jahren eine strengere Regulierung, da Tramadol zunehmend auch missbräuchlich genutzt wird – insbesondere in der Partyszene und bei Jugendlichen.

Während Deutschland bislang auf eine gesetzliche Anpassung verzichtet, haben Länder wie die USA, Kanada und Großbritannien Tramadol als Betäubungsmittel eingestuft. Auch Frankreich hat das Medikament 2023 in diese Kategorie aufgenommen. Die Europäische Arzneimittelagentur weist ebenfalls auf die steigende Missbrauchsgefahr hin.

Die Aachener Herstellerfirma Grünenthal allerdings verteidigt die bestehende Regelung gegenüber dem „Spiegel“. Eine strengere Kontrolle, so das Unternehmen, könne den Zugang zu wichtigen Schmerztherapien erschweren. Zudem stelle das Unternehmen das Missbrauchspotenzial der Droge transparent dar. Außerdem forsche Grünenthal inzwischen an nicht opioidhaltigen Therapien gegen chronischen und akuten Schmerz.

Das Aachener Unternehmen Grünenthal wurde durch den Contergan-Skandal bekannt und geriet in den vergangenen Jahrzehnten mehrfach wegen seiner Schmerzmittel-Strategien ins Visier von Verbraucherschützern. Das ist der Skandal, der die Arzneimittelüberwachung in Deutschland nachhaltig beeinflusst hat und dazu führte, dass es heute das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) gibt.

Diese Bundesoberbehörde ist eigentlich zuständig für die Überwachung von Medikamenten wie dem Schmerzmittel Tramadol. Im BfArM arbeiten Fachleute aus verschiedenen Disziplinen, darunter Ärzte, Apotheker, Chemiker, Biologen, Juristen und Ingenieure. Ihr gemeinsames Ziel ist es, Arzneimittel sicherer zu machen und Menschen vor möglichen Risiken zu schützen. Dies schließt auch „den Schutz vor der Profitgier von Pharmafirmen“ ein, schreibt der „Spiegel“. Teil des BfArM ist auch die Bundesopiumstelle, die für die Überwachung legaler Betäubungsmittel verantwortlich ist, inklusive Schmerzmitteln wie Tramadol.

Das BfArM verwies den „Spiegel“ allerdings auf eine Studie, derzufolge es keine Opioidkrise in Deutschland gebe, und suggerierte, dass sich die Versorgung von Schmerzpatienten sich dramatisch verschlechtern würde, sollte der Wirkstoff Tramadol als Betäubungsmittel eingestuft werden.

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