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Die Deutschen müssen mehr arbeiten, sonst droht der Abstieg, sagt Ökonom Lars Feld. Was die Politik dafür tun sollte und was gegen hohe Krankenstände helfen würde, erklärt er im Interview.

Deutschlands Wirtschaft schrumpft im zweiten Jahr in Folge – eine Situation, die es so erst einmal in der Geschichte der Bundesrepublik gab. Der bekannte Volkswirt Lars Feld, einst Chef der fünf Wirtschaftsweisen, warnt deshalb: Wenn jetzt nicht alle anpacken und mehr arbeiten, droht Deutschland den Anschluss zu verlieren.

Im t-online-Interview erläutert er außerdem, was die nächste Bundesregierung nach den Neuwahlen tun sollte, wieso die Zahlung von Krankengeld auf den Prüfstand gehört – und was er an der Besteuerung von Weihnachtsbäumen kritisiert.

t-online: Herr Feld, an Weihnachten schöpfen viele Menschen Hoffnung auf bessere Zeiten. Gibt es dafür dieses Jahr einen Grund?

Lars P. Feld: Es gibt immer einen Grund zur Hoffnung. Auch für unsere schwächelnde Wirtschaft gilt, was Ende der 1960er-Jahre die Band Blood, Sweat and Tears sang: Was hochgeht, kommt wieder herunter – und wo es bergab geht, geht es umgekehrt irgendwann wieder bergauf.

Na, dann ist ja alles gut, dann müssen wir ja nur abwarten und können unser Gespräch hier beenden.

Nein, so will ich das nicht verstanden wissen; wir müssen für den Aufschwung schon etwas tun. Die geplatzte Ampelregierung hat für erhebliche wirtschaftspolitische Unsicherheit gesorgt. Entsprechend braucht es jetzt nach der Neuwahl im Februar eine neue Regierung, die wieder für Zuversicht sorgt, für einen neuen wirtschaftlichen Aufbruch.

Also vor allem für bessere Stimmung im Land?

Ja, aber nicht nur. Stimmung ist nicht alles. Die Wirtschaft braucht zwingend substanzielle Strukturreformen und eine Abkehr von der aktuellen Wirtschaftspolitik. Die Steuern sind zu hoch, die Regulierung ist zu streng, Deutschland hat viele Reformen versäumt. Die Politik der Ampel und diejenige der Vorgängerregierung von SPD und CDU/CSU haben der Substanz der deutschen Volkswirtschaft geschadet. Dies hat dazu geführt, dass Unternehmen ihre Industrieanlagen in Deutschland abbauen und woanders wieder aufbauen. Das ist ein echtes Alarmsignal, das gab es in dieser Dimension noch nicht.

Die Wirtschaftspolitik ist das eine, die demografische Entwicklung das andere. Müssen wir uns angesichts einer alternden Gesellschaft, in der künftig weniger Menschen arbeiten, nicht einfach daran gewöhnen, dass Deutschland im internationalen Vergleich nicht länger vorne mitspielen kann?

Das würde ich so nicht sagen, denn natürlich lässt sich dieser Entwicklung etwas entgegensetzen: durch eine kluge Einwanderungspolitik, vor allem aber dadurch, dass wir die Potenziale am Arbeitsmarkt besser ausschöpfen.

Sie meinen, in Deutschland muss mehr gearbeitet werden.

Richtig. Es gibt erwerbsfähige Menschen, die arbeitslos sind, Bürgergeld beziehen oder in der stillen Reserve ihre Vorstellungen zu arbeiten nicht umsetzen können. Sie müssen leichter in Jobs kommen. Und diejenigen, die einen Job haben, brauchen Anreize und Rahmenbedingungen, damit sie nicht weniger, sondern eher mehr arbeiten. Da lässt sich wirtschaftspolitisch noch viel machen.



Die telefonische Krankmeldung sollte abgeschafft werden.


Lars P. Feld


Woran denken Sie konkret?

An mehr Netto vom Brutto beim Einstieg in den Arbeitsmarkt und bei Mehrarbeit. Hinzu kommt: Unsere Krankenstände sind viel zu hoch. Schließlich sind wir ja nicht mehr oder weniger gesund als etwa die Schweizer. Aber offenbar setzen die Rahmenbedingungen hierzulande Anreize, dass sich die Deutschen öfter krankmelden als die Menschen in unserem Nachbarland. Daher sollte die telefonische Krankmeldung abgeschafft werden. Auch Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und Krankengeld sollten nach langer Zeit erneut auf den Prüfstand, etwa hinsichtlich der Zugangsvoraussetzungen. In der Schweiz gibt es diese nicht automatisch; die Versicherten müssen dies als Zusatzleistung versichern.

Ganz schön harte Forderungen, gerade jetzt im Winter, wo viele Krankheitserreger im Umlauf sind.

Natürlich will ich nicht, dass sich jemand mit 40 Grad Fieber, mit einer ansteckenden oder einer schweren chronischen Krankheit ins Büro schleppt. Aber es ist sinnvoll zu fragen, wo der strukturell höhere Krankenstand in Deutschland herkommt. Noch einmal: Wir dürfen nicht darüber nachdenken, wie wir weniger arbeiten. Wir müssen alle mehr arbeiten. Sonst wird Deutschland ärmer.

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