Die Landkreise in Niedersachsen verzeichnen einen Anstieg der Verstöße gegen das Tierschutzgesetz. Worin liegen die Gründe – und was kann getan werden?

Die Zahl der Tierschutzanzeigen ist über die vergangenen Jahre in vielen niedersächsischen Landkreisen gestiegen. In der Region Hannover etwa erhöhte sich das Anzeigenaufkommen von 2021 bis 2024 um knapp 10 Prozent. Das geht aus einer Umfrage der Deutschen Presse-Agentur hervor.

Das Jahr ist noch nicht zu Ende – und viele Landkreise verzeichnen bereits höhere oder knapp gleichwertige Anzahlen im Vergleich zum vorherigen Jahr. Im Landkreis Heide sind die Tierschutzanzeigen beispielsweise von 203 auf 207 Fälle und im Landkreis Salzgitter von 99 auf 167 Fälle gestiegen.

Einige Landkreise beobachten diesen Anstieg auch über mehrere Jahre hinweg. Die Ausprägungen variieren leicht. Der Landkreis Göttingen vermerkte 2019 insgesamt 422 Fälle und im aktuellen Jahr 670 Fälle. Im Landkreis Lüchow-Dannenberg sieht es mit 104 Fällen im Jahr 2019 und 143 Fällen im Jahr 2024 ähnlich aus. Der Landkreis Vechta teilt mit: 2019 gab es noch 81 Fälle, die bis 2024 auf 85 Fälle stiegen.

Wie die Sprecher der Landkreise einheitlich mitteilen, sind Hunde, Katzen und Pferde, gefolgt von Kleintieren wie Vögeln oder Kaninchen, besonders häufig betroffen. Gründe seien zum Beispiel mangelnde Pflege, Versorgung mit Futter und Wasser sowie die fehlende Sachkunde bei den Tierhaltern, so der Sprecher des Landkreises Aurich, Lennart Adam. Daniel Gruß, Sprecher des Landkreises Wolfsburg, sagt: „Der häufigste Grund ist Vernachlässigung.“

Hinter den vermehrten Anzeigen vermutet der Landkreis Göttingen soziale Aspekte. „Die Sensibilität der Bevölkerung und die Bereitschaft, sich über Tierhaltung und Störungen zu beschweren, sind gestiegen“, sagt Sprecher Florian Heinz. Einen ähnlichen Eindruck hat der Landkreis Peine. „Während es früher eher auch Anzeigen aus anderer Motivation (z.B. Nachbarschaftskonflikte) gab, sind Anzeigen in diesem Jahr häufiger berechtigt“, teilt Sprecher Fabian Laaß mit.

Außerdem setzt die Möglichkeit zur anonymisierten Meldung von vermeintlichen Verstößen dem Landkreis Oldenburg zufolge die Hemmschwelle zur Anzeige herab. Das Vorstandsmitglied der Tierärztekammer Niedersachsen, Jürgen Block, sieht diese ebenfalls als einen Vorteil. Auch für Tierärzte sei das ein Weg, ihrer Meldepflicht problemloser nachzukommen.

Auch Nachwirkungen der Corona-Pandemie könnten eine Rolle spielen. „Als Gründe für die starke Anzeigenerhöhung sehen wir den Zuwachs von Haus- und Heimtieren im privaten häuslichen Umfeld, insbesondere während der Corona-Pandemie“, teilt der Sprecher der Region Hannover, Tobias Manzke, mit. Andere Landkreise wollen diesen Schluss nicht ziehen, wie etwa der Heidekreis: „Aussagen über den Einfluss von Corona können nicht mit ausreichender Sicherheit getroffen werden“, sagt Sprecherin Yvonne Gocher. Der Landkreis Aurich verneint einen Zusammenhang sogar klar.

Je nach Verstoß reichen die Maßnahmen von verwaltungsrechtlichen Anordnungen bis hin zum Verhängen von Tierhaltungsverboten sowie der Einleitung von Bußgeld- oder Strafverfahren, wie der Landkreis Wolfenbüttel erläutert.

Jürgen Block von der Tierärztekammer sieht ein großes Problem darin, dass viele Tierhalter nicht mehr sachkundig seien. „Um ein Auto zu fahren, muss man einen Führerschein machen.“ Etwas Ähnliches sollte es auch geben, wenn man sich ein Tier zulegen will.

In Niedersachsen sieht das Hundegesetz so etwas vor. Bei der Anschaffung eines Hundes muss eine Hundeführerscheinprüfung abgelegt werden. Es dient sowohl der Prävention vor Beißattacken und soll zusätzlich mehr Tierschutz ermöglichen. „Wenn die Menschen sachkundiger gegenüber ihren Tieren wären, dann würde es den Tieren bessergehen“, sagt Block.

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