Nach Eklats, heftigem Streit und einer Gerichtsentscheidung hat der Landtag in Thüringen sich am Samstag erfolgreich konstituiert.

Der CDU-Politiker Thadäus König ist neuer Landtagspräsident des Thüringer Parlaments. Der 42-Jährige wurde mit 54 Stimmen gewählt. Die AfD-Kandidatin Wiebke Muhsal erlangte 32 Stimmen – so viele, wie die AfD Abgeordnete im Landtag hat. Ein Abgeordneter enthielt sich.

König sitzt bereits seit 2019 für die CDU im Thüringer Landtag. Damals gewann er mit 49 Prozent ein Direktmandat im Wahlkreis Eichsfeld – und schlug damit AfD-Chef Björn Höcke.

CDU, BSW, Linke und SPD lehnten die AfD-Kandidatin Wiebke Muhsal bereits vor der Wahl deutlich ab. Die 38-jährige Juristin saß bereits von 2014 bis 2019 für die AfD im Landtag. 2018 wurde sie rechtskräftig wegen Betrugs verurteilt – betrogen hatte sie das Thüringer Parlament. Das Oberlandesgericht sah es als erwiesen an, dass sie 2014 einen Arbeitsvertrag einer Mitarbeiterin um zwei Monate vordatiert hatte, um zusätzliches Geld von der Landtagsverwaltung zu erhalten.

Wiebke Muhsal: Die AfD wollte sie als Landtagspräsidentin. (Quelle: IMAGO/Steffen Proessdorf/imago)

Der Landtagspräsident repräsentiert in Thüringen das Parlament, er kann den Landtag jederzeit einberufen und leitet die Landtagsverwaltung. Bei einer Ministerpräsidentenwahl ist der Präsident oder die Präsidentin für den formal reibungslosen Ablauf zuständig.

Auch als Vizepräsidentin des Landtags wurde Muhsal nicht gewählt. 32 Abgeordnete stimmten für sie, 41 gegen sie, 14 enthielten sich. Als Vizepräsident eingesetzt wurden hingegen BSW-Politiker Steffen Quasebarth (59 Stimmen pro, 12 kontra, 15 Enthaltungen, 1 ungültig), Linke-Politikerin Lena Sanye Güngör (46 Stimmen pro, 34 kontra, 6 Enthaltungen, 1 ungültig) und SPD-Politikerin Cornelia Urban (63 Stimmen pro, 14 kontra, 9 Enthaltungen, 1 ungültig).

König: Demokratie lebt auch „von Respekt und Anstand“

In seiner Eröffnungsrede betonte der neue Landtagspräsident König zunächst die Wichtigkeit der Überparteilichkeit in seinem Amt. „Ich sitze vor Ihnen, aber nicht über Ihnen.“ Er wolle die Grundsätze der Überparteilichkeit und Gleichheit im Umgang mit jedem Abgeordneten „unerschütterlich“ wahren. „Ich werde alles dafür tun, dass der Thüringer Landtag wieder Vertrauen zurückgewinnt und in ruhige Fahrwasser gelangt“, versprach König.

Er erinnerte an die NS- und SED-Vergangenheit und gedachte der Opfer des Konzentrationslagers Mittelbau-Dora. Jeder Mensch besitze unabhängig von Herkunft, Glauben und Status eine unveräußerliche Würde. „Diese Würde ist der Maßstab allen staatlichen Handelns.“ Und: „Demokratie lebt vom Austausch, vom Ringen um die besten Ideen, aber auch vom Respekt und Anstand“, so König.

Die konstituierende Sitzung des neu gewählten Thüringer Landtags war am Donnerstag wegen Eklats und heftigem Streit zwischen AfD und CDU, BSW, Linke sowie der SPD unterbrochen worden. Das Verfassungsgericht musste im Eilverfahren entscheiden.

Zu Beginn der Sitzung am Samstag verlas AfD-Alterspräsident Treutler die Gerichtsentscheidung, die sein Handeln am Donnerstag kritisierte, und die Vorgaben des Gerichts zum Ablauf der Sitzung. Er sagte: „Ich werde mich daran halten.“

Im Anschluss wurde zügig, ruhig und geregelt diskutiert. Ein Antrag auf Änderung der Geschäftsordnung von CDU und BSW wurde angenommen. Nur die AfD stimmte mit 32 Stimmen dagegen. Damit können bei der Wahl des Landtagspräsidenten bereits vom ersten Wahlgang an alle Fraktionen Kandidaten aufstellen.

Vom Gericht zu einem geregelten Vorgehen verpflichtet: AfD-Alterspräsident Jürgen Treutler. (Quelle: Martin Schutt/dpa/dpa-bilder)

Die Sitzung war am Donnerstag unterbrochen worden, nachdem ein Streit zwischen AfD und den anderen Parteien eskaliert war. AfD-Alterspräsident Jürgen Treutler hatte sich in der Sitzung geweigert, über einen Antrag aus dem Plenum abstimmen zu lassen. Er begründete das damit, dass zunächst der Landtagspräsident gewählt und das Parlament konstituiert werden müsse. Die CDU war daraufhin vor das Landesverfassungsgericht gezogen.

Das Gericht bestätigte die Rechtseinschätzung der CDU im Eilverfahren. Es verpflichtete Treutler mit seiner Entscheidung am Freitagabend dazu, das Parlament schon vor der Wahl des Landtagspräsidenten über eine aktualisierte Tagesordnung abstimmen zu lassen. Der Landtag darf zudem noch vor der Wahl der Landtagsspitze seine Geschäftsordnung ändern, so das Gericht.

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