Tesla steht in Deutschland wegen der Verunreinigung von Wasser stark in der Kritik. Dabei ist das Wasser-Problem auch bundesweit groß.

Die Messwerte im Abwasser des Tesla-Werks im brandenburgischen Grünheide überschreiten die vorgegebenen Grenzwerte. Und das bereits seit zwei Jahren „ständig und in erheblicher Weise“, wie der rbb unter Berufung auf den zuständigen Wasserverband Strausberg-Erkner (WSE) schreibt.

Die geplante Erweiterung der Fabrik des Autobauers lehnte WSE aufgrund der Überschreitungen im vergangenen Monat erneut ab. Es ist ein gewichtiger Grund: Der Zustand der Gewässer in Deutschland ist seit Jahren besorgniserregend. Das zeigt eine Auswertung des Umweltbundesamtes. Aber was bedeuten die Grenzwertüberschreitungen für die Menschen in Deutschland wirklich? t-online hat den Wasserexperten Maximilian Wilk befragt.

Gefährdet Tesla das Trinkwasser in der Region?

Das Abwasser des Teslawerks überschreite die Grenzwerte teils um das bis zu Siebenfache, wie der rbb berichtet. Das betrifft in erste Linie die Werte für Phosphor und Stickstoff. Bei ersterem sind maximal 0,5 Milligramm pro Liter erlaubt. In Teslas‘ Abwasser fanden sich bis zu 3,76 Milligramm. Bei Stickstoff sind bis zu 50 Milligramm pro Liter erlaubt, das Abwasser aus dem Werk des Autobauers wies hier teils Werte von bis zu 240 Milligramm auf.

„Phosphor und Stickstoff kommen vor allem in Düngemittel vor. Phosphor auch in der Metallverarbeitung“, so Wasserexperte Maximilian Wilk. Bei Tesla könnten Industriereinigungsmittel dafür verantwortlich sein. Wird das Wasser nicht gereinigt, können die Stoffe dazu führen, dass sich bestimmte Organismen, wie Algen, vermehren. „Vor einigen Jahren führte die Einleitung von ungereinigtem Abwasser in der Adria zu einer Explosion der Algenpopulation.“

Aber nicht auf alle Organismen haben die Stoffe die gleiche Wirkung. „Eine Verunreinigung kann auch genau den gegenteiligen Effekt haben, Organismen können absterben – ihre Vermehrung beeinträchtigt werden“, so Wilk. Ein Beispiel dafür sei das Fischsterben in der Oder 2022. Hier war die Ursache eine Verunreinigung des Wassers mit salzhaltigem Abwasser. „Wenn dazu noch hohe Temperaturen und niedrige Wasserstände kommen, sehen wir ein rapides Wachstum der Brackwasseralge“, so Wilk. Die Alge habe eine giftige Substanz produziert, die das Massensterben der Fische und anderer Wasserorganismen ausgelöst hat.

Experte: „Gefahr kann ausgeschlossen werden“

Eine direkte Gefahr für das Trinkwasser in der Region bestehe aber trotzdem nicht. Denn die lokalen Grenzwerte geben lediglich an, welche Belastung die örtlichen Klärwerke idealerweise verarbeiten können. „Natürlich ist es nicht in Ordnung, wenn Grenzwerte überschritten werden. Aber inwiefern das bei Tesla der Fall ist, kann ich nicht beurteilen“, sagt Wilk.

Jüngst bot der Wasserverband dem Elektroautobauer sogar an, die Grenzwerte zu erhöhen, dafür allerdings weniger Frischwasser zu liefern. Die Verunreinigungen im Abwasser haben also in erster Linie einen monetären Nachteil für WSE, durch die Grenzwertüberschreitung würde es unter anderem zu Mehrkosten und Vertragsstrafen kommen.

Wirft man einen Blick auf die Wasserauswertung im betroffenen Bericht, zeigt sich: Mit 0,28 Milligramm pro Liter kommt von der Verunreinigung nichts im Leitungswasser an. Für Phosphor veröffentlichte der WSE keine Werte.

Nur neun Prozent in einem ökologisch guten Zustand

Die Situation um Deutschlands‘ Gewässer sei laut Wilk insgesamt schlecht. „Null Prozent der deutschen Seen und Flüsse sind in einem chemisch guten Zustand – da schlagen Umweltverbände vollkommen zurecht Alarm“, sagt der Wasserexperte zur allgemeinen Lage der deutschen Wasservorkommen. „Nur weil wir in Deutschland überall Badeseen mit einer guten Wasserqualität haben, heißt das noch nicht, dass sie auch für Tiere und Umwelt gut ist.“

Maximilian Wilk: Als Geschäftführer von AQON PURE setzt er sich täglich mit der Qualität unserer Gewässer auseinander. (Quelle: Florian Generotzky)

Zur Person

Maximilian Wilk ist Geschäftsführer von AQON PURE. Ein Unternehmen, das sich auf die Entkalkung und Reinigung von Wasser spezialisiert hat.

Das Trinkwasser der Bundesrepublik würde zu rund 70 Prozent aus Grundwasser gewonnen, so der Experte. Bevor es zum Endverbraucher kommt, werde es allerdings aufbereitet. Der chemische Zustand des Grundwassers ist laut Auswertung des Umweltbundesamtes immerhin zu 67 Prozent gut. Ökologisch befinden sich sogar 95 Prozent in einem guten Zustand. Bei den Oberflächengewässern sind es lediglich neun Prozent.

„Das geht seit Jahren so“

Alle sechs Jahre erscheint „die Wasserrahmenrichtlinie“, welche sich mit Fortschritte und Herausforderungen der deutschen Gewässer beschäftigt – zuletzt erschien sie im Jahr 2022. „Es ergibt keinen Sinn, nur punktuelle Abwasserquellen, wie beispielsweise Tesla, anzuschauen – das Große und Ganze ist wichtig“, fasst Wilk die Richtlinien zusammen. Demnach kommen 98 Prozent der Belastungen aus diffusen Quellen.

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