Zehn Jahre Haft

Assad-Gehilfe foltert in Syrien – dann flüchtet er nach Hamburg

18.12.2024 – 17:26 UhrLesedauer: 2 Min.

Prozess in Hamburg: Der angeklagte Syrer (l.) und sein Anwalt Reza Moschref im Sitzungssaal des Strafjustizgebäudes. (Quelle: dpa/Marcus Brandt)

Im Auftrag des Assad-Regimes misshandelte und versklavte eine Miliz in Damaskus Zivilisten. Ein Anführer wurde dafür nun in Hamburg zur Rechenschaft gezogen.

Ein ehemaliger Anführer der Shabiha-Miliz, die während des syrischen Bürgerkriegs für Gewaltverbrechen verantwortlich war, ist vom Hanseatischen Oberlandesgericht in Hamburg zu zehn Jahren Haft verurteilt worden. Dem Gericht zufolge war der Angeklagte zwischen 2012 und 2015 in Damaskus an Folter, Zwangsarbeit und Plünderungen beteiligt. Dabei sollen Zivilisten teils unter Lebensgefahr zur Arbeit gezwungen worden sein.

Die Miliz gehörte zu den Nationalen Verteidigungskräften (NDF). Dieser Milizenverband sollte in Zusammenarbeit mit einer Abteilung des militärischen Geheimdienstes oppositionelle Bestrebungen mit Gewalt unterdrücken. Durch den Stadtteil Al-Tadamon verlief im syrischen Bürgerkrieg die Frontlinie.

Der Vorsitzende Richter des Staatsschutzsenats Norbert Sakuth beschrieb, dass die Miliz in Al-Tadamon eine „Schreckensherrschaft“ errichtete. Der Angeklagte habe an Kontrollpunkten Zivilisten verschleppt, die für die Regierung Sandsäcke tragen mussten. Zeugen berichteten von schweren Misshandlungen, darunter der Einsatz von Plastikrohren, um Opfer zu schlagen. In einem Fall wurde ein Mann brutal misshandelt, weil er Geld für Handwerksarbeiten eingefordert hatte.

„Der Angeklagte war in seinem Stadtteil wegen seiner Gewalttätigkeit und Aggressivität gefürchtet“, sagte Sakuth. Einmal habe der Angeklagte Gefangene auf einem Pickup abtransportiert und ihnen erklärt: „Wir werden euch töten.“

Im August oder September 2013 sei ein Handwerker gefesselt und mit verbundenen Augen in ein Gefängnis gebracht worden. In einer Zelle habe ihn der Angeklagte ins Gesicht geschlagen und seine Untergebenen angewiesen, den Zivilisten stundenlang mit Plastikrohren zu traktieren. Als er zu Boden fiel, habe einer der Milizionäre so kräftig gegen seinen Kopf getreten, dass er gegen die Wand schlug und eine blutende Platzwunde erlitt.

Hintergrund der Misshandlung war, dass der Mann Geld für Handwerkerleistungen bei der Familie des Angeklagten eingefordert hatte. „Du willst Geld? – Kannst du vergessen“, habe ihm der Milizenanführer gesagt und nach Worten des Richters hinzugefügt: „Man werde sich die ganze Nacht um ihn kümmern.“

Während des Prozesses sagten 25 Zeugen und zwei Sachverständige aus. Beweismittel wie Chatnachrichten und Videos stützten die Vorwürfe. Der Angeklagte bestritt jedoch alle Anschuldigungen und beklagte sich über die Haftbedingungen in Deutschland. Der Richter wies ihn darauf hin, an die Menschen in Syrien zu denken, die unter seiner Beteiligung gefoltert wurden.

Der Angeklagte war 2016 nach Deutschland geflüchtet und hatte Asyl beantragt, das ihm inzwischen entzogen wurde. Im August 2022 wurde er in Bremen festgenommen. Die Verfolgung solcher Kriegsverbrechen ist nach dem Weltrechtsprinzip möglich, wonach Völkerrechtsverbrechen auch in anderen Ländern angeklagt werden können. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

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