Streit unter Erben lässt Tausende Immobilien leerstehen

Obwohl Wohnraum fehlt

Warum viele geerbte Immobilien leer stehen


29.12.2025 – 09:39 UhrLesedauer: 3 Min.

Umzugskartons im leeren Wohnzimmer: Leerstehende Erbschaftsimmobilien verschärfen Wohnraummangel. (Quelle: svetikd)

Tausende vererbte Immobilien stehen leer. Nicht aus Mangel an Bedarf, sondern wegen Streit und Überforderung. Was Erben zurückhält – und was ihnen Mut machen könnte.

Doch fehlende Neubauten sind nicht das einzige Problem. Der Erbspezialist „Erbteilung“ weist darauf hin, dass auch leer stehende Erbschaftsimmobilien die Lage verschärfen – oft weil sich Erbengemeinschaften über die Zukunft ihrer Häuser streiten oder mit einer Vermietung überfordert sind.

Wie lässt sich dieser Leerstand in bezahlbaren Wohnraum verwandeln? Und welche politischen Anreize wären notwendig, damit Erben handeln statt warten?

Mehrere Städte gehen inzwischen gegen Zweckentfremdung vor. Kürzlich verhängte die Stadt München Bußgelder von insgesamt 230.000 Euro gegen vier Immobilieneigentümer, die Wohnraum stattdessen für Ferienapartments oder Büros nutzten. Die Regeln unterscheiden sich regional, doch das Ziel bleibt gleich: Wohnungen sollen bewohnt werden – nicht leer stehen oder zweckentfremdet werden.

Manfred Gabler, Geschäftsführer der Firma Erbteilung, glaubt nicht, dass solche drakonischen Strafen den Wohnungsmarkt spürbar entlasten werden. Laut Statistischem Bundesamt standen Mitte 2022 rund 1,9 Millionen Wohnungen leer, mehr als die Hälfte davon seit über einem Jahr. Gabler zufolge mögen Bußgelder ein Signal senden – doch sie lösen das strukturelle Problem nicht.

Viele der leer stehenden Wohnungen in Deutschland sind Erbschaftsimmobilien. Eine Studie des Deutschen Instituts für Altersvorsorge zeigt: Rund 430.000 Immobilien werden jährlich vererbt, davon sind fast die Hälfte Einfamilienhäuser. Für den Wohnungsmarkt birgt das enormes Potenzial – aber nur, wenn diese Immobilien genutzt werden.

Doch häufig ist genau das nicht der Fall. Laut einer Erhebung der Postbank erben 80 Prozent aller Erbenden nicht allein, sondern gemeinsam – als Erbengemeinschaft. „Jedes Jahr werden damit rund 340.000 Immobilien an Erbengemeinschaften übergeben, von denen 60 Prozent zwischen zwei und 30 Jahren brauchen, bis sie sich aufgelöst haben“, erklärt Immobilienexperte Gabler.

Rein rechtlich gehört die Vermietung zur ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses. Ein Mehrheitsbeschluss würde reichen, doch in der Praxis passiert das oft nicht. Eine aktuelle Befragung von Erbteilung zeigt: 588 von 1.318 Erben lassen ihre Immobilien vollständig oder teilweise leer stehen.

Der Grund: Viele werden durch das Erbe plötzlich zu Vermietern und fühlen sich überfordert. „Dieser Rollenwechsel schafft neue Ängste“, beobachtet Gabler. Zudem können sich Mehrheitsverhältnisse innerhalb der Erbengemeinschaft rasch ändern. Heute herrscht Zustimmung zur Vermietung, morgen steht schon der Verkauf oder eine Vermietung an einen der Erben im Raum.

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