Norbert Röttgen wirft Olaf Scholz bei „Hart aber fair“ vor, die Bevölkerung mit der Ukraine manipulieren zu wollen. Ein SPD-Mann schießt dagegen scharf in Richtung Friedrich Merz.

Norbert Röttgen (CDU) wirft Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) vor, aus wahltaktischen Gründen Angst vor einer Eskalation des Ukraine-Kriegs zu schüren. Dass Scholz sich als besonnen darstelle und diese Besonnenheit allen Anderen abspreche, sei „eine Art von Manipulationsversuch in der öffentlichen Debatte“, sagte der Außenpolitiker am Montagabend bei „Hart aber fair“.

  • Ralf Stegner (SPD), Außenpolitiker
  • Norbert Röttgen (CDU), Außenpolitiker
  • Felix Banaszak, Grünen-Parteivorsitzender
  • Ines Schwerdtner, Linken-Parteivorsitzende
  • Nicole Deitelhoff, Friedensforscherin, Goethe-Universität
  • Alev Doğan, Journalistin, „The Pioneer“
  • Vassili Golod, Ukraine-Korrespondent der ARD

„Dass man die Waffe zerstört, damit sie nicht Menschen tötet, das halte ich für moralisch und politisch geboten“, warb Röttgen für die Lieferung des Marschflugkörpers „Taurus“. Scholz wolle sich aber mit seiner Weigerung als derjenige präsentieren, der Frieden herstelle und Deutschland von einer Kriegsbeteiligung abhalte, sagte Röttgen.

Die Journalistin Alev Doğan sah bei der Ukraine zwischen Scholz und dem CDU-Kanzlerkandidaten Friedrich Merz die größten Unterschiede. „Darauf wird die SPD im Wahlkampf setzen“, erwartete die stellvertretende Chefredakteurin von „The Pioneer“. Die Botschaft werde lauten, dass „letztendlich Scholz derjenige ist, der uns vor einem Dritten Weltkrieg schützt“, mutmaßte Doğan.

Nach Ansicht der Konfliktforscherin Nicole Deitelhoff haben die großen Parteien allerdings auch nach über 1000 Tagen Krieg noch nicht genau erklärt, wie sie sich Frieden in der Ukraine vorstellen. Es fehlten klare und glaubwürdige Konzepte, kritisierte die Politologin von der Goethe-Universität. Sie warnte: Momentan werde der Friedensbegriff der AfD und dem BSW überlassen.

„Diffamierung!“, verwahrte sich Röttgen gegen die Kritik. Seinerseits warf er allerdings dem Kanzler vor, mit dem Anruf bei Wladimir Putin die Lage für die Ukraine nur verschärft zu haben. „Er hat nichts erreicht, sondern er hat massive Angriffe (auf die Ukraine) erreicht“, behauptete das Mitglied des Auswärtigen Ausschusses und stieß mit dieser Darstellung vor allem bei Doğan auf Widerspruch.

SPD-Außenpolitiker Ralf Stegner ließ dagegen kein gutes Haar an Friedrich Merz. Der habe ja noch nicht einmal „eine Kreisverwaltung im Sauerland verwaltet“, sagte er mit Blick auf Merz‘ sauerländische Herkunft.

Auch verteidigte Stegner die erneute Kanzlerkandidatur von Olaf Scholz vehement. „Ich fand das völlig daneben“, kommentierte er die internen Diskussionen um den SPD-Kanzlerkandidaten. Dabei ließ er auch Kritik an Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius durchblicken – und schien den beliebten Scholz-Konkurrenten in die Schranken zu verweisen. Hätte Pistorius schneller eine Kandidatur dementieren sollen, fragte Klamroth. „Boris Pistorius ist ein guter Verteidigungsminister und das wird er auch bleiben“, sagte Stegner.

Bei „Hart aber fair“ wurde deutlich, dass sich Röttgen mit den regelmäßigen Talkshow-Auftritten zur Ukraine – und dem ausführlichen Lob für Merz an diesem Abend – wohl auch für seinen nächsten Job empfehlen möchte. Er war sichtlich überrumpelt, als Moderator Louis Klamroth unvermittelt wissen wollte: Strebt der 2012 von Angela Merkel entlassene Bundesumweltminister ein Comeback in einer Bundesregierung an, ähnlich wie Ex-Gesundheitsminister Jens Spahn?

Röttgen brauchte einen Moment für seine Antwort. „Wir wollen alle gerne Minister werden“ räumte er ein, ließ aber offen, in welchem Ressort. Merkel hatte Röttgen überraschend entlassen, nachdem er als CDU-Spitzenkandidat die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen verloren hatte. „Ich bin nicht gedemütigt, sondern entlassen worden“, stellte Röttgen klar, als Klamroth ihn nach Merkels Entscheidung fragte. Denn er habe damals einen Rücktritt verweigert.

Auch der neue Parteivorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, Felix Banaszak, stellte die Strategie des Bundeskanzlers infrage. Möglicherweise sei dessen vermeintliche Besonnenheit das eigentliche Risiko, weil der Krieg nicht rechtzeitig gestoppt wurde, sagte der frisch gekürte Parteichef bei „Hart aber fair“.

Die Ukraine habe sich bislang an jede Verabredung gehalten, unterstrich er. Warum also sollte ihr mehr misstraut werden als Putin, fragte Banaszak mit Blick auf Taurus – und verglich die seiner Ansicht nach ausbleibende Führung durch den Kanzler mit einer Lieferando-Essenslieferung, die einfach nicht kommen mag. „Die Frage ist: Gibt es eine Gesamtstrategie, kommentierte Banaszak den umstrittenen Scholz-Anfruf bei Putin.

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