Pionierprojekt aus Bremen
Steht bald ein 3D-Drucker auf dem Mond?
06.01.2025 – 08:13 UhrLesedauer: 3 Min.
Was tun, wenn auf dem Mond oder Mars wichtige Ersatzteile benötigt werden? Ein Forschungsteam aus Bremen hat da eine spektakuläre Idee.
Einen Baumarkt gibt es auf dem Mond oder Mars nicht. Wenn etwas kaputtgeht oder ein Werkzeug fehlt, lässt es sich nicht einfach kaufen. An einer Lösung dafür tüftelt gerade ein Bremer Forschungsteam: Mit einem 3D-Drucker sollen künftig fehlende Teile gedruckt werden können. „Da wären wir Pioniere“, meint Forschungsleiter Yilmaz Uygun.
Der Durchbruch soll in einer Garage auf dem Gelände der Constructor University in Bremen-Nord gelingen. Ein Team aus drei Studierenden, einem wissenschaftlichen Mitarbeiter und Logistik-Professor Uygun entwickeln einen rotierenden 3D-Drucker, der keine Schwerkraft braucht.
Bisher sind viele Bauteile für die Raumfahrt Einzel- und Sonderanfertigungen, die erst von der Erde ins All katapultiert werden müssen. „In den Raumstationen ist Nachschub ein Riesenproblem“, erklärt der 42-Jährige. „Sie haben dort unzählige Ersatzteile für den Fall der Fälle. Das ist so viel Schrott, der rumliegt und vielleicht gar nicht genutzt wird.“
Hinzu kommen die Ausgaben. Jedes Kilo, das den Weg in den Orbit findet, ist für die Weltraumbehörden teuer. Transporte bis zum Mond kosten nach Angaben des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) etwa 100.000 Euro pro Kilo, zum Mars sogar mehrere Millionen Euro.
Die Herausforderung sei die benötigte Energie für den Transport, erklärt Martin Sippel vom DLR-Institut für Raumfahrtsysteme in Bremen. „Damit es überhaupt in den Weltraum kommt und danach auch relativ schnell zum Ziel, muss jedes Teil auf hohe Geschwindigkeit beschleunigt werden.“
Mit dem 3D-Drucker des Bremer Forschungsteams soll es schneller und günstiger gehen. Das Gerät soll sich wie ein Regenschirm zusammenfalten und mit einem Raumschiff beispielsweise auf den Mond geschossen werden, sagt Uygun. Einmal angekommen, werde sich der Drucker wie eine Krabbe auf dem Himmelskörper fortbewegen, sich an einem geeigneten Platz verankern und seine Arbeit aufnehmen. Die Energiezufuhr soll mit Solarpanels gelöst werden.
Das Material für den Druck könne anfangs in Pulverform ins All geschickt werden, berichtet der Professor. Er sei aber auch schon im Gespräch mit einem Unternehmen, das auf Asteroiden Rohstoffe extrahieren möchte. „Wir gucken, ob wir die dann direkt fürs Drucken verwenden können, damit wir nicht Nachschub von der Erde brauchen.“
Von den Materialien hängt nach Einschätzung des DLR-Wissenschaftlers Marco Scharringhausen ab, wie lukrativ der 3D-Druck im All sein wird. „Einen Vorteil bietet ein 3D-Drucker sicherlich bei der Erstellung von Teilen für Habitate auf dem Mond oder dem Mars.“ Bei Elektronik werde es schwieriger, weil es zu viele kleine Bauteile gebe.
Ursprünglich ging es dem Bremer Forschungsteam gar nicht um 3D-Druck. Vielmehr entwickelte das Team spezielle Windturbinen für ein Pilotprojekt in der Metropolregion Nordwest. Die Bauweise für die Windturbinen sei nur so kompliziert gewesen, dass die Ingenieurinnen und Ingenieure dafür kurzerhand ihren eigenen 3D-Drucker bauten. „Im industriellen Stil ist das jetzt der Größte.“
Durch zwei Glastüren lässt sich der überdimensionale 3D-Drucker beobachten. Er verfügt über drei Arme, die jeweils an Rollen befestigt sind und mit Motoren angetrieben werden. Sie rotieren und tragen Schicht für Schicht geschmolzenes Plastik auf.
Auf diese Weise können bis zu drei Meter große Teile und schwere Werkzeuge gedruckt werden – insbesondere für die Raumfahrtindustrie. „Das ist ideal, weil wenn wir irgendwas weiterentwickeln wollen, können wir das mal drucken und dann testen“, erläutert der Professor.
Seit die Erfindungen aus Bremen das Interesse der Luft- und Raumfahrtindustrie geweckt haben, ist bei Yilmaz Uygun und seinem Team eine Menge in Bewegung geraten. Sie gründeten ein Start-up und wurden in den Raumfahrtinkubator der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) aufgenommen. „Das öffnet schon sehr viele Türen und Tore“, sagt Uygun. „Die ESA unterstützt uns da sehr.“