Einem Bericht zufolge kalkuliert Minister Heil beim Bürgergeld mit zu geringen Kosten. Der widerspricht – könnte 2025 aber doch mehr für Soziales ausgeben müssen.

Das Bürgergeld sorgt für neuerliche Irritationen im politischen Berlin. Auslöser ist ein Bericht der „Bild“-Zeitung, demzufolge die Kosten für die Sozialleistungen im kommenden Jahr um 9,6 Milliarden Euro höher liegen sollen als im Bundeshaushalt 2025 veranschlagt.

Der Vorwurf aus der oppositionellen CDU/CSU-Fraktion: Sozialminister Hubertus Heil (SPD) „verschleiere“ die Probleme beim Bürgergeld. „Ein Skandal“, so CDU-Haushaltspolitiker Christian Haase.

Konkret geht es laut Ministeriumsdokumenten, auf die sich „Bild“ bezieht, sowohl um die Ausgaben für die zu zahlenden Regelsätze als auch um Zuschüsse des Bundes für die „Kosten der Unterbringung“, die neben der Miete etwa auch die Heizkosten von Bürgergeldsbeziehern umfassen. Insgesamt beliefen sich die Kosten dem internen Papier zufolge auf 45,6 Milliarden Euro statt der im Bundeshaushalt eingeplanten 36 Milliarden Euro.

Ein Sprecher des Ministeriums wies den Bericht im Gespräch mit t-online am Dienstag zurück. Die verbreiteten Zahlen seien „nicht nachvollziehbar“ und basierten „methodisch auf mehreren Fehlannahmen“. „So sind zum Beispiel die Kosten der Unterkunft zu einem relevanten Teil durch die Kommunen aufzubringen und demnach nicht in der angegebenen Höhe für den Bundeshaushalt relevant.“

Weiter führte der Sprecher aus: Die Annahmen für die Kostenentwicklung beim Bürgergeld gingen zurück auf die Wirtschaftsprognose der Bundesregierung aus dem Frühjahr: „Es handelt sich somit um einen Schätztitel.“

Übersetzt heißt das wiederum: Wenn sich die konjunkturellen Annahmen verschieben, weil die Wirtschaft schlechter läuft, kann sich auch der Schätzwert fürs nächste Jahr auch noch ändern. Und das vermutlich nicht zum Besseren.

Die Bundesregierung stellt traditionell Anfang Oktober ihren aktualisierten Konjunkturausblick vor. Als wahrscheinlich gilt angesichts der mauen Prognosen, die die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute zuletzt vorgestellt haben, dass auch Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) seine Erwartungen fürs Wachstum nach unten schrauben muss. Anschließend müsste dann auch Heils Ministerium die Prognosen an die neuen Arbeitsmarkterwartungen anpassen.

Selbst wenn nicht alle Wohnkosten wie behauptet vom Bund getragen werden sollten, ist eine tatsächliche Kostenexplosion beim Bürgergeld damit nicht ausgeschlossen – weil die Arbeitslosigkeit im Zuge einer schwächeren Wirtschaft steigt oder auch nur stagniert und nicht wie erhofft sinkt.

Die ohnehin schon schwierigen Haushaltsverhandlungen im Bundestag dürften dadurch noch härter werden. Die Ampelregierung plant mit den Maßnahmen ihrer begleitenden „Wachstumsinitiative“ nämlich eigentlich damit, dass die Kosten beim Bürgergeld sinken, weil mehr statt weniger Menschen in reguläre Jobs kommen sollen. Und weil der Haushalt stark auf Kante genäht ist, sind kaum Puffer eingeplant.

Das Problem: Gelingt das – aus welchen Gründen auch immer – nicht, lassen sich die Bürgergeldausgaben kaum senken. Der Bund ist per Gesetz und höchstrichterlichen Urteilen dazu verpflichtet, Bedürftigen Bürgergeld zu zahlen.

FDP-Fraktionschef Christian Dürr forderte Heil deshalb am Dienstag auf, eine mögliche Finanzierungslücke beim Bürgergeld eigenständig zu schließen. „Die Ministerinnen und Minister sind für ihre Etats selbst verantwortlich“, sagte er. „Der Bundesarbeitsminister Hubertus Heil hat dafür Sorge zu tragen, dass er mit dem Geld auskommt, das dem Arbeitsministerium zur Verfügung gestellt wird und dem er auch im Haushaltsbeschluss des Bundeskabinetts zugestimmt hat.“

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