Bei der WM 2019 gehörte Carolin Simon zum Stamm, jetzt muss sie um einen Kaderplatz kämpfen. Ein Gespräch über den Kampf zurück.
Carolin Simon war die Erschöpfung an den müden Augen anzusehen. Die DFB-Frauen hatte soeben eine “anstrengende Trainingseinheit” absolviert, wie sie selbst berichtete, ehe sich der komplette Tross der Spielerinnen, 30 an der Zahl, beim offiziellen “DFB-Media-Day” den Fragen der anwesenden Journalistinnen und Journalisten stellte.
Eine jener 30 Spielerinnen ist die Verteidigerin vom FC Bayern, die hofft, in den WM-Flieger gen Sydney mit einsteigen zu können. Bei der EM im vergangenen Jahr wurde die 30-Jährige noch nicht berücksichtigt. Ein Gespräch über den Kampf zurück und eine private Leidenschaft.
t-online: Frau Simon, in wenigen Tagen startet die WM in Australien. Wie ist die Stimmung im Team?
Caro Simon: Es geht in die Crunchtime, und die Stimmung ist absolut positiv. Wir freuen uns und man merkt, dass alle Bock haben.
Wie fühlen Sie sich persönlich nach einer erfolgreichen, aber kräftezehrenden Saison?
Die Pause und der Urlaub danach waren super. Ich habe mich sehr gut erholt und viel Energie aus dem positiven Saisonabschluss mit der Meisterschaft gezogen.
Erstmals werden bei einer Frauen-WM 32 Teams an den Start gehen. Wie blicken Sie auf das vergrößerte Teilnehmerfeld?
Grundsätzlich macht der Frauenfußball aktuell einen unglaublichen, positiven Wandel durch. Das wirkt sich auch auf das Turnier aus. Wir treffen mit Marokko, Kolumbien und Südkorea auf drei Teams aus drei verschiedenen Kontinenten. Ich finde das unfassbar spannend. Man wird sehen, ob der Wandel und die Entwicklung, von der ich gerade gesprochen habe, nur für Europa oder auch die anderen Kontinente gilt.
Das erste Ziel des DFB-Teams muss der Gruppensieg sein.
Ja, das muss unser Anspruch sein. Vielleicht denkt man sich beim ersten Blick auf die Gegner: “Ach, machbar”. Das ist aber auch die Gefahr, weil das Mannschaften sind, mit denen man eben kaum in Berührung kommt.
Viele Journalistenkolleginnen und -kollegen, mich eingeschlossen, haben schon auf Gruppensieg gebucht.
Dann gibt’s die Gefahr auch für die Journalisten (lacht). Hoffen wir mal, dass es so kommt.
2022 spielten die DFB-Frauen bei der EM mit dem Erreichen des Finals das erfolgreichste Turnier seit Olympia 2016. Die Bundestrainerin verzichtete dabei auf Sie. Wie war es, kein Teil dieser Mannschaft sein zu können?
Das war wirklich schwer für mich. Die letzten Jahre waren generell nicht leicht, ich hatte hier und da meine Probleme. Manchmal kommt man in eine Art Abwärtsstrudel, den man zu spät merkt. Dazu hatte ich immer wieder Verletzungen zu blöden Zeiten. Immer dann, als ich dachte, dass ich wieder in Schwung komme.
Wann genau hat dieser “Abwärtsstrudel” angefangen?
Schon mit meinem Jahr in Lyon vor der WM 2019. Das Jahr dort plus die ersten Jahre in München, das war eine Zeit, in der ich neben dem Fußball sehr viele Baustellen hatte. Das hat dazu geführt, dass ich nicht an mein spielerisches Topniveau herangekommen bin. In dieser Phase bin ich dann leider auch im Nationalteam aus dem Fokus gerutscht.
Wie haben Sie die erfolgreiche EM verfolgt?
Mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Super viele der Spielerinnen sind meine Freundinnen. Natürlich freue ich mich, wenn die erfolgreich sind. Ich wäre gerne ein Teil davon gewesen. Aber ich glaube, dass ich gut aus diesem “EM-Sommer” rausgekommen bin und das auch ein Grund ist, warum ich wieder hier sitze.
Was hat sich konkret bei Ihnen verändert?