Frauenfußball-WM: Für sein Land verzichtet dieser Coach auf ein Vermögen

Er gilt als Menschenfänger. Trainer Hervé Renard soll die Probleme der französischen Elf lösen. Ein harter Job. Für den er sogar auf sehr viel Geld verzichtete.

Hervé Renards Geschichte als Trainer seines Heimatlands beginnt mit einer waschechten Meuterei. Es war im Februar 2023, da erklärte Frankreichs Starspielerin Wendie Renard plötzlich, nicht an der Weltmeisterschaft teilnehmen zu wollen. Sie wolle das “bestehende System nicht länger mittragen”, sagte sie. Gemeint war das “System”, das Trainerin Corinne Diacre etabliert hatte.

Wie Renard, die nicht verwandt ist mit dem Trainer Hervé Renard, erklärten zwei weitere Spielerinnen, lieber auf die WM zu verzichten, als unter der umstrittenen Diacre nach Australien und Neuseeland fahren zu wollen.

Der französische Verband (FFF) wurde von dem Aufstand kalt erwischt. Die Gremien berieten sich, dann erfolgte Anfang März tatsächlich Diacres Rauswurf. Der Trainerin sollen ihr autoritärer Führungsstil und zweifelhafte Trainingsmethoden zum Verhängnis geworden sein. Das Team war zerstritten. Der Verband soll die Missstände gekannt haben, ignorierte aber offenbar die Probleme.

Nun stand die FFF vier Monate vor dem Beginn der WM ohne Coach da. Hervé Renard witterte seine Chance. Über Mittelsmänner ließ er sich beim Verband ins Gespräch bringen, wie das Sportfachmagazin “The Athletic” berichtet. Eigentlich liebäugelten die Verantwortlichen der FFF mit einem großen Namen: Thierry Henry. Doch der frühere Weltstar, der bislang vor allem als Co-Trainer agiert hatte, sagte ab. Er fühle sich noch nicht reif für den Job.

“Diese Emotionen kannst du nicht kaufen”

Hervé Renard dagegen schon. Er wollte das prestigeträchtige Amt so sehr, dass er dafür seinen bisherigen Job aufgab, und damit ein Vermögen. Er kündigte seinen Job in Saudi-Arabien. Als Trainer der dortigen Herrenauswahl hatte Renard gerade erst Geschichte geschrieben: Sein Team besiegte bei der WM in Katar den späteren Sieger Argentinien. Eine Sensation, die Fachwelt staunte, das autoritäre Königshaus frohlockte. Und Renard? Kehrte den Scheichs den Rücken.

“Du kannst der reichste Mensch des Planeten sein, aber diese Emotionen, die kannst Du nicht kaufen”, sagte er “L’Equipe”. Er meinte die Emotionen, einen Titel zu gewinnen.

Titel wären mit dem Engagement in der Wüste nur mit dem Fernglas zu sehen gewesen. In Riad winkten höchstens Achtungserfolge, zudem in Diensten eines Regimes, das sich sehr viel um ein sauberes Image und sehr wenig um Menschenrechte schert. Der Sprung auf den Chefsessel des französischen Frauenteams versprach dagegen ein gutes Renommee und bessere Chancen auf Silberware.

Dafür verzichtete Renard auf ein kolossales Gehalt, denn den Erdöl-finanzierten Job im Scharia-Staat ließ er sich fürstlich vergüten. Kolportiert wird eine Jahresgage von 1,5 Millionen Euro Grundgehalt plus umfangreiche Boni. Insgesamt soll der vierjährige Kontrakt bei den Saudis einen Wert im zweistelligen Millionenbereich gehabt haben. Dagegen nimmt sich sein aktuelles Salär beim französischen Verband fast schon bescheiden aus. 400.000 Euro Jahresgage sind es.

Der Verband hat konkrete Ziele ausgerufen

Renard selbst sagte zu den Gehaltseinbußen: “Wenn wir von dem Betrag nach Steuern sprechen, ist es zwanzigmal weniger als vorher. Aber ich habe nicht gezögert. Geld ist zwar wichtig, aber nicht das Entscheidende, wenn es darum geht, sich im Fußball weiterzuentwickeln.”

Renards Arbeitspapier bei der Equipe Tricolore läuft zudem nur bis 2024, im kommenden Jahr richtet sein Heimatland die Olympischen Spiele aus. Der 54-Jährige steht also unter Druck. Nicht nur, weil Frankreich im ersten Gruppenspiel der WM gegen Außenseiter Jamaica nicht über ein 1:1 hinauskam. Als großes Ziel hatte der Verband das Erreichen des Halbfinales bei der WM und die Qualifikation für die Olympischen Spiele ausgerufen. Aber natürlich hoffen sie in Frankreich auf mehr.

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