Beim Rennen in Singapur präsentierte sich der bisherige Formel-1-Dominator Red Bull überraschend schwach. Wurde das Team beim Schummeln erwischt?
Erst als die Ferrari-Mechaniker vor dem Podium die italienische Nationalhymne leidenschaftlich in die Nacht von Singapur brüllten, wurde es den Formel-1-Fans so richtig bewusst. Der Mann, der da freudestrahlend auf dem obersten Podest für den Rennsieger stand, war tatsächlich Ferrari-Pilot Carlos Sainz und nicht Weltmeister Max Verstappen.
Zehn Siege in Folge hatte der Niederländer zuvor gefeiert und damit den zehn Jahre alten Rekord von Sebastian Vettel um einen überboten. Saisonübergreifend feierte Verstappens Red-Bull-Rennstall gar 15 Siege in Folge – und die österreichische Hymne für das siegreiche Team aus der Alpenrepublik drohte zum offiziellen Abspann einer jeden Rennübertragung zu werden.
In Singapur kam es nun ganz anders: Das gesamte Wochenende hatte Red Bull große Probleme und entsprechend nichts mit dem Kampf um die Spitze zu tun. In Abwesenheit des sonstigen Dominators entwickelte sich ein Renn-Krimi, bei dem vier Fahrer aus drei verschiedenen Teams bis zum Schluss um den Sieg kämpften. Doch warum war Red Bull auf einmal so schwach? Grund dafür könnte eine Regelanpassung sein, die dem Rennstall dauerhaft schaden und damit auch in Zukunft für mehr Spannung sorgen könnte.
Spannung gab es nur im Kampf um Platz zwei
Packende Duelle hatte es in der Formel-1-Saison 2023 auch vor dem Rennen in Singapur schon häufiger gegeben. Immerhin kämpften mit Ferrari, Mercedes, McLaren und Aston Martin teils vier Teams verbissen um die Vorherrschaft – jedoch nur über den Rest des Feldes. Denn so spannend der Kampf der vier Teams auch war, es ging immer maximal um Platz zwei. Ganz vorne stellte sich von Rennen zu Rennen lediglich die Frage, wie groß der Abstand von Verstappen auf den Zweitplatzierten dieses Mal sein würde.
Die Dominanz des Niederländers ging gar so weit, dass der sogenannte Cool Down Room, in dem die drei Erstplatzierten, bevor es aufs Podium geht, kurz die Gelegenheit bekommen, zu verschnaufen und sich über das Rennen auszutauschen, von Fans aufgrund seiner Dauerpräsenz scherzhaft in “Max-Verstappen-Podcast” umbenannt wurde.
Neue technische Direktive
Zum Rennen in Singapur gaben die Regelhüter des internationalen Automobilverbandes Fia dann die “technische Direktive 018” aus. Bei solch einer technischen Direktive handelt es sich um eine Konkretisierung der Regeln in einem bestimmten Bereich durch die Fia.
In diesem Fall ging es dabei um die Beschaffenheit der Front- und Heckflügel. Zum Hintergrund: Bei der Abstimmung der Autos auf eine Rennstrecke müssen die Teams genau überlegen, wie steil oder flach sie ihre Flügel anstellen wollen. Ein steil angestellter Flügel bringt mehr Anpressdruck und lässt somit höhere Kurvengeschwindigkeiten zu, hat allerdings den Nachteil, das Auto auf der Geraden durch den höheren Windwiderstand zu verlangsamen. Andersherum sorgt ein flacher Flügel auf der Geraden für weniger Windwiderstand und damit für höhere Topgeschwindigkeit, generiert allerdings weniger Abtrieb und bringt in den Kurven entsprechend einen Nachteil.
Flexible Flügel verboten
Deshalb haben die Teams in der Vergangenheit Möglichkeiten gefunden, ihre Flügel so flexibel zu bauen, dass sie sich unter dem Windwiderstand, der bei Vollgas auf der Geraden entsteht, etwas nach unten senken. So soll der Windwiderstand verringert und die Geschwindigkeit erhöht werden. Steigt der Fahrer am Ende der Geraden auf die Bremse, nimmt der Luftdruck auf dem Flügel durch die verringerte Geschwindigkeit ab und der Flügel schnellt wieder nach oben. Somit kann er in der Kurve wieder für optimalen Anpressdruck und damit für möglichst hohe Kurvengeschwindigkeiten sorgen.
Das technische Reglement der Formel 1 gibt jedoch mittlerweile vor, dass sich alle aerodynamisch relevanten Komponenten nicht verbiegen dürfen. Vereinfacht gesagt heißt das: Die sogenannten Flexi-Wings sind verboten. Auf der anderen Seite können die Flügel aber auch nicht komplett steif sein, da sie unter der Belastung sonst brechen würden. Also hat die Formel 1 bestimmte Grenzen vorgegeben, innerhalb derer sich die Flügel biegen dürfen.