Alice Weidel steht vor einer entscheidenden Hürde in ihrer politischen Karriere. In ihrem Heimatverband Baden-Württemberg dürfte sie auf innerparteilichen Widerstand stoßen.

Alice Weidel ist auf dem bisherigen Höhepunkt ihrer Macht. Als Kanzlerkandidatin soll sie die AfD, die nie erfolgreicher war als zurzeit, in den Bundestagswahlkampf 2025 führen. So zumindest haben es ihr Co-Chef Tino Chrupalla und Weidel selbst bereits besprochen, wie das „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ zuerst berichtete.

Es wirkt wie ein Paradox: Weidel, die in der Schweiz in einer lesbischen Beziehung mit einer Frau mit Migrationshintergrund lebt, soll in einer entscheidenden Phase das alleinige Gesicht der in Teilen rechtsextremen, nationalistischen Partei werden. Wie hat sie das geschafft?

Einige Antworten auf diese Frage liefert Weidels Heimatverband Baden-Württemberg. Dort soll die 45-Jährige an diesem Wochenende bei einer Aufstellungsversammlung in der Ulmer Messe als Spitzenkandidatin gekürt werden. Es ist die Bedingung für alles, was 2025 folgen soll: ihr Wahlkampf, ihre Kanzlerkandidatur, die vielen, vielen Auftritte im Namen der AfD.

In Baden-Württemberg aber ist – im Gegensatz zum Rest der AfD – der Protest gegen Weidel massiv. Dort kann man auch die Methoden beobachten, mit denen Weidel agiert, wenn sie Feinde hat. Ein wichtiger Schlüssel dabei: Unerbittlichkeit.

AfD-Chefs Tino Chrupalla und Alice Weidel: Er lässt ihr den Vortritt. (Quelle: IMAGO/Chris Emil Janssen)

Lange schon ist Baden-Württemberg Weidels größte Schwachstelle. Ausgerechnet in ihrem Heimatverband nämlich sind ihre Kritiker am lautesten und zahlreichsten, von dort hat sie die härtesten Attacken zu erwarten. Über Jahre hinweg war sie deswegen eine Führungsfigur ohne Hausmacht, die auch innerparteilich vor allem stark von ihrer Prominenz nach außen zehrte.

Im vergangenen halben Jahr hat sich das zu Weidels Gunsten geändert. Nach einem chaotischen Parteitag in Rottweil und einem Machtkampf auf offener Bühne hat das Pro-Weidel-Lager seit Februar im Vorstand des Landesverbands deutlich das Sagen. Die Strategie der Parteichefin und ihres Lagers lässt sich seither zusammenfassen mit: Zuckerbrot und Peitsche. Zuckerbrot für die Gefolgschaft, die Peitsche für ihre Kritiker.

Dokumente, die t-online vorliegen, zeigen: Weidel-Gegner werden kaltgestellt und unter Druck gesetzt, es werden Parteiausschlussverfahren gegen sie angestrengt oder mit Ordnungsmaßnahmen gedroht. Kandidaten hingegen, denen Weidel wohl gesonnen ist, werden vorab von ihren Kreisvorständen in großen Verteilern beworben. Mitgliedern werden kostenlose Busfahrten, Hotelübernachtungen und zum Teil zusätzliches „Handgeld“ von bis zu 150 Euro geboten, um bei der Aufstellungsversammlung in Ulm abzustimmen.

Weidel und ihre Gefolgsleute könnten mit der Aufstellungsversammlung den Landesverband noch weiter unter Kontrolle bringen und mächtige Posten besetzen. Ihre Gegner aber wollen sich nicht beugen. In Chatgruppen rufen sie zu einer Nein-Stimmen-Kampagne gegen Weidel auf: „Jede Nein-Stimme bei Alice Weidel ist eine Stimme für die Basisdemokratie“, heißt es da.

Weidel thematisierte ihren Erzfeind Spaniel im Bundesvorstand

Weidels Erzfeind in Baden-Württemberg ist Dirk Spaniel. Wie Weidel hat er den Landesverband einmal geleitet und sitzt im Bundestag. Er ist dort verkehrspolitischer Sprecher der AfD. Als promovierter Ingenieur, lange tätig bei Daimler, gilt er in seiner Fraktion als Experte auf dem Gebiet der Elektro- und Antriebstechnik.

Spaniel aber ist eben auch die Speerspitze des Anti-Weidel-Lagers in Baden-Württemberg – und ordnet seinem Kampf gegen Weidel vieles unter. Er versammelt im Ländle ein breites Spektrum an Weidel-Kritikern hinter sich, darunter Verfechter der Basisdemokratie in reinster Form sowie Anhänger des rechtsextremen Höcke-Flügels. Sie eint vor allem eines: ihr Verdruss über die Chefin.

Weidels Erzfeind: AfD-Abgeordneter Dirk Spaniel. (Quelle: Marijan Murat/dpa/Archivbild/dpa)
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