Am Wochenende rücken sie im Minutentakt aus: die Sanitäter auf der Wiesn. Teils entscheiden wenige Minuten über Leben und Tod.

Ein Gong ertönt aus einem Lautsprecher und eine Stimme ruft Trage Nummer 8 auf. Das ist das Zeichen für die fünf Sanitäter. Vier schieben die Trage in die Abfahrtsposition und richten ihre Trillerpfeifen, einer holt das Einsatzfax. Auf diesem Papier ist knapp beschrieben, was für ein Notfall besteht und wo sie hinmüssen. Nun scharen sie sich um eine Karte des Oktoberfests und überlegen sich den besten Weg über das Gelände.

Dann geht es los: Drei Sanitäter schieben die Trage, zwei laufen vorweg und trillern den Weg frei. Die Krankenstation der Aicher Ambulanz liegt am Rande der Theresienwiese, von da aus geht es über das Festgelände hin zu einer Wurstbraterei. Dort soll ein älterer Herr gestürzt sein. Wie immer muss es schnell gehen, in vier Minuten sind die Sanitäter im Durchschnitt am Einsatzort, sagt Julian Tanzer, der Pressesprecher der Ambulanz.

Nur bei schwersten Notfällen nutzen die Helfer Rettungswagen. Tanzer zufolge geht es mit den Tragen viel schneller, die Wagen würden häufig in den Menschenmassen des Oktoberfestes stecken bleiben.

Die fünf Sanitäter bringen die Trage zügig über das Gelände und trillern dabei, was das Zeug hält. Wer trotzdem nicht Platz macht, den schieben sie aus dem Weg, sagt Hendrik Hußnätter. Der 35-jährige Sanitäter ist aus Nürnberg angereist, um wie alle seine 474 Kollegen ehrenamtlich auf der Wiesn zu arbeiten. Nur die 55 Ärzte der Station bekommen Gehalt.

In der Tat ist das Team in unter vier Minuten zu dem alten Mann durchgekommen. Er sitzt neben der Würstchenbude, die Jacke zerknittert, das Haar verwuschelt, ein großer Blutfleck auf dem Kopf. Er wirkt etwas verwirrt und kann den Sanitätern nur undeutlich schildern, was vorgefallen ist. Im Gespräch erfahren sie, dass er gestürzt ist und sich dabei den Kopf angeschlagen hat. Vermutlich hatte der Mann zu wenig getrunken und daraufhin Kreislaufprobleme bekommen.

Das Sanitätsteam der Trage 8: 25 Kilogramm Ausrüstung nehmen die Helfer bei jedem Einsatz mit. (Quelle: Malte Bollmeier)

Die Sanitäter haben 25 Kilogramm Ausrüstung auf ihrer Trage mitgebracht: Beatmungsgeräte, Sauerstoff, Verbände und mehr. Nun prüfen sie den Puls, die Blutwerte und den Blutzucker des Mannes. Sie würden ihn gerne auf die Trage legen und mitnehmen, aber er weigert sich und will lieber selbst zur Station laufen. Teamführerin Pauline Rottler protokolliert alle wichtigen Daten und redet auf ihn ein: „Wenn Sie wieder hinfallen, dann haben wir den Salat.“

Doch der Mann möchte nicht auf die Trage und so gehen sie gemeinsam zurück. Auf der Station geht es zunächst ins Zentrum des Gebäudes, in die Triage. Ein Arzt und ein Notfallsanitäter entscheiden dort, wie schwerwiegend der Fall des Mannes ist und welche Behandlung er benötigt. Der Fall des älteren Herrn bewegt sich laut Rottler zwischen Priorität 3, ambulanter Fall, und Priorität 2, Aufenthalt im Krankenhaus. Priorität 1 würde ihn nur betreffen, wenn er schwerst verletzt wäre.

Schließlich kommt er in den Behandlungsraum, damit die Ärzte seine Wunde säubern und behandeln können. Ab da ist die Aufgabe der Sanitäter erledigt. Sie ordnen ihre Trage, melden sich abrufbereit und warten auf den nächsten Einsatz.

Ihre Arbeitsschichten dauern acht bis zwölf Stunden. Am Wochenende können es auf der Wiesn schon mal 20 Einsätze in einer Schicht werden, sagt die 23-jährige Sanitäterin Amelie Kruse aus München. Unter der Woche seien es eher fünf bis zehn.

Der Eingriffsraum: Hier wird operiert; voriges Jahr geschah das 769-mal. (Quelle: Malte Bollmeier)

Für eine Pause zwischendurch können die Helfer in die Kantine im Keller gehen. Eine Köchin versorgt sie dort mit Essen und Getränken. Die Station verfügt noch über weitere Räume, wie den Akut-Raum. Dort untersuchen die Ärzte schwer verletzte Patienten. Der Raum hat allerlei Ausstattung, etwa ein EKG-Gerät, um die Herzströme zu messen, und ein Ultraschallgerät.

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