„Sitzt stundenlang schweigend da“

Merz: So unbeliebt ist Olaf Scholz bei anderen Staatschefs

16.12.2024 – 00:32 UhrLesedauer: 3 Min.

Gastgeber Scholz (2.v.r.) mit Großbritanniens Keir Starmer (l.), Frankreichs Emmanuel Macron und US-Präsident Joe Biden (r.) beim Treffen im Bundeskanzleramt im Oktober. (Quelle: IMAGO/Frederic Kern)

Kanzler Scholz sitze bei Beratungen in Europa entweder stundenlang schweigend da oder erkläre belehrend die Welt – so schildert es CDU-Chef Merz.

Die deutsche Regierung ist nach Einschätzung von CDU-Chef Friedrich Merz in der Europapolitik ein „Totalausfall“ und Kanzler Olaf Scholz in der EU politisch isoliert. „Man muss es leider so sagen: Die Mehrzahl der europäischen Staats- und Regierungschefs hat einfach keine Lust mehr, den deutschen Bundeskanzler zu treffen, der entweder stundenlang schweigend dasitzt oder belehrend die Welt erklärt“, schrieb Merz rund zwei Monate vor der Bundestagswahl in seinem Newsletter „MerzMail“ über den SPD-Politiker.

Als Beispiel nannte er den Besuch des französischen Präsidenten Emmanuel Macron diese Woche in Polen, wo die beiden Nato-Verbündeten über die Ukraine-Politik berieten. „Wieder nicht dabei: der deutsche Bundeskanzler“, stellte Merz fest.

Umgekehrt gebe es auch „zur Schau gestelltes Desinteresse“ der Bundesregierung an der europäischen Politik. Das schade Deutschland und werde zunehmend zur Belastung der europäischen Politik und des Verhältnisses zu den europäischen Nachbarn. Merz erinnerte an die Wiedereröffnung der Kathedrale Notre-Dame am Samstag vergangener Woche in Paris; am Rande hätten Macron, der designierte US-Präsident Donald Trump und der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj über die Lage in der Ukraine gesprochen. „Der deutsche Bundeskanzler war eingeladen, aber er hatte offenbar keine Lust, nach Paris zu reisen“, schrieb Merz.

Der CDU-Chef rügte, es gebe einen „faktischen Ausfall“ der deutschen Mitwirkung an europäischer Gesetzgebung. „German Vote“ nenne man in Brüssel mittlerweile die ständige deutsche Enthaltung in den Räten, zu denen zahlreiche Regierungsmitglieder, wie etwa Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), erst gar nicht hinführen. Von der deutschen Regierung habe es in den vergangenen drei Jahren nicht eine einzige Initiative etwa in der Flüchtlingspolitik oder in der Wirtschaftspolitik gegeben, über die man hätte in Brüssel diskutieren können, so Merz.

Auch Thorsten Frei teilte gegen den Kanzler aus. Olaf Scholz sei kein Kanzler des Fortschritts und Aufbruchs, sondern ein „Kanzler des Abbruchs“ und Abstiegs, sagte der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der Unions-Bundestagsfraktion bei einem Treffen der CDU Baden-Württemberg in Stuttgart.

Allerdings warnte Frei davor, die kommende Bundestagswahl schon als gewonnen zu betrachten. Trotz des bislang komfortablen Vorsprungs der CDU auf die Sozialdemokraten müsse man achtsam sein. „Es ist noch nichts gewonnen. Wir werden jeden dieser 71 Tage kämpfen müssen“, sagte Frei.

Inhaltlich zieht die Union mit einer deutlich konservativen und wirtschaftsliberalen Agenda in den Wahlkampf. Dazu zählen Themen wie Begrenzung der Migration, Steuersenkungen, Rückabwicklung des Bürgergelds. „Deutschland braucht wieder eine Politik für die hart arbeitende Bevölkerung – eine Agenda für die Fleißigen“, heißt es in der Einleitung zum Entwurf des Wahlprogramms. Deutschland stehe angesichts der schlechten wirtschaftlichen Lage eine „gewaltige Kraftanstrengung“ bevor, hatte Merz am Samstag bei der Landesvertreterversammlung der nordrhein-westfälischen CDU in Essen gesagt.

Dort wurde Merz bei einer Landesvertreterversammlung der nordrhein-westfälischen CDU mit 99,6 Prozent zum Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl gewählt. Das Programm mit dem Titel „Politikwechsel für Deutschland“ soll am Dienstag bei einer gemeinsamen Vorstandssitzung von CDU und CSU beschlossen werden. In seiner Rede in Essen nannte Merz als ersten Schwerpunkt die Begrenzung der Zuwanderung nach Deutschland: „Wir werden vorne sein bei der Begrenzung der Migration“, sagte er.

Merz kündigte einen grundlegenden Wechsel auch in der Wirtschaftspolitik an – denn eine wettbewerbsfähige Wirtschaft sei „die Voraussetzung für alles andere“. Den Unternehmen verspricht die Union im vorläufigen Wahlprogramm eine Unternehmenssteuersenkung auf maximal 25 Prozent sowie die Beseitigung von „überflüssigem Papierkram“. Die Stromsteuer und die Netzentgelte sollen sinken.

Die Einkommensgrenze für den Spitzensteuersatz soll „deutlich“ erhöht werden. Der Soli, der inzwischen nur bei höheren Einkommen anfällt, soll ganz gestrichen werden. Das Bürgergeld in der jetzigen Form soll durch eine „neue Grundsicherung“ ersetzt werden. Sie soll für diejenigen gestrichen werden, die nicht bereit sind, Arbeit anzunehmen.

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