Der weltweite Hype um Abnehmspritzen hat auch die Börse erreicht. Viele Unternehmen sind auf den Zug von Novo Nordisk aufgesprungen. Was heißt das für die Zukunft des Unternehmens und seine Aktie?

Von wegen Aktien aus dem eigenen Land kaufen: Am liebsten investieren deutsche Aktionäre in US-Aktien wie Amazon oder Meta. Ein Trend seit Jahren. Doch inzwischen ist Novo Nordisk auf der Beliebtheitsliste ganz nach vorn gerückt. Keine Aktie ist in Deutschland derzeit beliebter als die des Pharma-Unternehmens. Das belegt auch eine Auswertung von gut 60.000 Depots des Instituts für Vermögensverwaltung (VA). Aber wie kam es so plötzlich dazu? Das Unternehmen Novo Nordisk ist schließlich seit Jahrzehnten eine feste Größe auf dem Pharma-Markt, nur an der Börse meist keine Rakete.

Der Schub kam mit den Abnehmspritzen. Die Dänen waren die Ersten, die damit auf dem Markt einstiegen. Mit Erfolg: In den vergangenen drei Jahren haben Novo-Nordisk-Aktien um mehr als 150 Prozent zugelegt. Die Abnehmspritzen des Pharma-Konzerns haben in den USA bereits seit 2021 eine Zulassung. Ein wichtiger Vorsprung für die Firma, die eigentlich Insulin herstellt.

Insulin ist die Kernkompetenz des Unternehmens. Und das seit rund 100 Jahren. Ein gut gehendes Geschäft. Ein wichtiges Medikament weltweit. Ein steter Umsatzbringer. Doch die Aktie dümpelte seit Jahren mehr oder weniger vor sich hin. Der Kurszuwachs der letzten Jahre und die globale Aufmerksamkeit gründet sich hauptsächlich auf den erhofften Gewichtsverlusten vieler Millionen Menschen durch die neuen Möglichkeiten – Wegovy und Ozempic.

Ozempic ist ein Medikament zur Behandlung von Diabetes-Typ-2. Es wirkt aber auch zur Gewichtsreduktion. Wegovy ist ein Mittel gegen Adipositas, sprich: starkes Übergewicht. Seit 2022 sind beide Medikamente in der EU zugelassen, seit 2023 auch in Deutschland.

Mit einem Piks, den sich Abnehmwillige selbst setzen können, sollen die Pfunde purzeln. Ohne Diät, ohne Verzicht, ohne Sport. Die Verheißung könnte nicht größer sein. Und das Potenzial für die Branche ebenfalls nicht: Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO sind mehr als eine Milliarde Menschen weltweit übergewichtig. Daher erklärt sich der Hype um das Mittel.

Doch die möglichen Nebenwirkungen sind enorm – auch für Diabetiker, die Ozempic zur Behandlung ihrer Erkrankung nehmen, müssen teilweise lange Wartezeiten in Kauf nehmen. Oder auf Alternativen ausweichen. Denn Novo Nordisk kommt aufgrund der riesigen Nachfrage mit der Produktion nicht nach.

Für das Unternehmen ist das eine komfortable Situation: Die Nachfrage steigt, dicke Gewinne stehen in der Bilanz von Novo Nordisk. Dazu haben vor allem Wegovy und Ozempic beigetragen: 2023 machte Novo Nordisk 31 Milliarden Euro Umsatz – gut ein Drittel mehr als im Vorjahr. Der operative Gewinn kletterte um fast die Hälfte auf knapp 14 Milliarden Euro. Die Traumzahlen ließen die Konkurrenz schnell aufhorchen, allen voran Eli Lilly.

Der US-Pharmakonzern Eli Lilly hat das Rennen um die Vorherrschaft auf dem Abnehmmarkt längst eröffnet. Mit seinem Diabetes-Medikament Mounjaro und seiner Abnehmspritze Zepbound schließt es schnell auf: Der Umsatz stieg im zweiten Quartal um gut ein Drittel auf 11,3 Milliarden Dollar. Mounjaro steuerte drei Milliarden bei, Zepbound 1,2 Milliarden Dollar. Das sorgte für einen Gewinnschub auf drei Milliarden Dollar. Um dem Ansturm auch in Europa Herr zu werden, baut Eli Lilly ein Werk in Alzey in Rheinland-Pfalz.

Novo Nordisk erwirtschaftete in der gleichen Zeit einen Nettogewinn von 2,7 Milliarden Euro. Analysten hatten aber im Schnitt mehr erwartet – Novo Nordisk verwies eindeutig auf die neue Konkurrenz auf dem Abnehmmarkt. Die Investoren der Dänen werden auch zunehmend skeptisch: In diesem Jahr ist die Aktie von Novo Nordisk bis dato „nur“ um rund 15 Prozent gestiegen. Die von Eli Lilly um mehr als 40 Prozent. Und die übrige Konkurrenz schläft auch nicht.

Aktie.
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