Deutschlands Niederlage war unabwendbar, im Herbst 1944 drängten die Amerikaner gen Rhein. Doch in der Schlacht im Hürtgenwald, die vor 80 Jahren begann, fügte die Wehrmacht den USA gewaltige Verluste zu.

Fast ganz Europa hatte Adolf Hitler beherrscht, doch 1944 schmolz der deutsche Machtbereich mächtig zusammen. Im September des Jahres hatten die Amerikaner mit Roetgen unweit Aachen bereits einen deutschen Ort eingenommen. Ein natürliches Problem störte aber das weitere Vordringen der US-Streitkräfte gen Rhein: der sogenannte Hürtgenwald in der nördlichen Eifel.

Ein für militärische Manöver denkbar schwieriges Gebiet, bestehend aus dichten Forsten, Schluchten und Abhängen. Als „dicht und finster“, beschreibt der britische Militärhistoriker Antony Beevor den Hürtgenwald in seinem Buch „Die Ardennen-Offensive 1944“, als „Märchenwald“, allerdings ohne „Hexen und Riesen“.

Hürtgenwald: Ein alter Panzer aus dem Zweiten Weltkrieg erinnert an die Schlacht 1944. (Quelle: ABBfoto/dpa)

Schrecken und Grauen sollte der Hürtgenwald allerdings für die US-Truppen bereithalten, als sie ihn durchqueren wollten. Das unzugängliche Gelände erwies sich nicht nur als kräftezehrender Albtraum, sondern auch als Todesfalle: Denn die deutschen Verteidiger, zwar unterlegen an Zahl und Ausrüstung, hatten sich vorbereitet. Scharfschützen und Minen, Sprengfallen und Artilleriebeschuss sollten neben Hunger und Kälte Tausende Soldatenleben fordern.

„So viele Feinde wie möglich töten“, damit fasst Beevor in seinem Standardwerk „Der Zweite Weltkrieg“ das Vorgehen der Wehrmacht in der Schlacht im Hürtgenwald zusammen. Ab dem 6. Oktober 1944 führten zunächst vor allem die deutschen Soldaten von der 275. Infanteriedivision diesen Plan aus, als die 9. US-Infanteriedivision in den Wald vorstieß. In schwersten Kämpfen zermürbten sich Amerikaner und Deutsche, die Verlustzahlen schnellten in die Höhe.

Unter anderen Bedingungen hätten die Amerikaner ihre Gegner schnell überwunden – allein aufgrund ihrer materiellen Überlegenheit. Doch der Hürtgenwald ließ nur Infanterie einigermaßen gut vorankommen. Panzer? Blieben zwischen Bäumen, vor Schluchten oder auf kaum ausgebauten Wegen stecken. Luftunterstützung? Hohe Bäume und schlechte Sicht sorgten dafür, dass die US-Piloten nicht viel mehr tun konnten, als die deutschen Nachschubwege außerhalb des Waldes abzuschneiden.

Am 16. Oktober 1944 waren die Männer der 9. US-Infanteriedivision am Ende ihrer Kräfte, ihr Angriff zerlief sich. Rund 4.500 Mann betrug der Verlust, „einen für jeden Meter Geländegewinn“, wie Beevor resümiert. Ein blutiges Patt, denn auch der deutsche Blutzoll war hoch. Auf Seiten der Wehrmacht stellte man Überlegungen an, warum um Himmels willen die Amerikaner diesen mörderischen Waldkampf auf sich nahmen?

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Die Antwort lautet wahrscheinlich: Ignoranz. Der verantwortliche US-General Courtney Hodges legte Wert auf die schnellstmögliche Ausführung seiner Befehle, störende Details nahm er ungern zur Kenntnis. Zwar war es durchaus sinnvoll, den Hürtgenwald als Bedrohung der alliierten Flanke auszuschalten, auch war es sinnig, die Gefahr einer Sprengung etwa der Talsperre an der Rur zu verhindern. Doch das mörderische Sterben im Hürtgenwald ergab keinen Sinn, diese Ziele hätten auf Umwegen erreicht werden können. Tatsächlich nahm die Schlacht im Hürtgenwald manches vorweg, was Jahrzehnte später eine andere Generation von GIs erleiden sollte: den Dschungelkampf im Vietnamkrieg.

Sprengfallen und Minen aller Art spielten im Hürtgenwald bereits eine besondere Rolle. Das Räumen von Hindernissen auf Wegen wurde zum Himmelfahrtskommando für die US-Soldaten, denn die Deutschen versahen sie mit Fallen. Granattrichter boten bei feindlichem Beschuss guten Schutz, was allerdings auch die Wehrmacht wusste. Entsprechend traf so mancher GI beim rettenden Sprung in ein solches Loch auf eine Mine. Am Ende wurde es ebenso so absurd wie todbringend: Beide Seiten legten um jeweils eigene Minenfelder ihrerseits Minen aus, um dem Feind bei deren Kontrolle eine Falle zu stellen.

So nahm die Grausamkeit des Kriegs ihren Lauf. „Ein Mann kickte einen blutverschmierten Schuh aus dem Weg“, zitiert Beevor einen US-Kombattanten. „Zu seinem Schrecken sah er, dass noch ein Fuß darin steckte.“ Noch mörderischer als ohnehin schon war der Artilleriebeschuss im Hürtgenwald: Die Deutschen feuerten in die Höhe, die getroffenen Bäume verursachten einen mörderischen Splitterhagel. So wechselten sich im tiefen Wald tiefe Stille und der Lärm von Gefechten ab, Kälte, Nässe, später Schnee machten den Männern auf beiden Seiten zu schaffen. Die Deutschen verfügten immerhin über Bunker des Befestigungssystems Westwall.

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