News folgen

Union und SPD haben sich geeinigt, woher sie das viele Geld nehmen wollen, das sie brauchen werden. Doch noch können ihre Pläne scheitern.

Größer geht es eigentlich nicht. „Whatever it takes“, was auch immer es braucht: Das müsse nun für die Verteidigungsausgaben Deutschlands gelten, sagt Friedrich Merz. Der CDU-Chef und mögliche nächste Kanzler steht am Dienstagabend neben CSU-Chef Markus Söder und den SPD-Chefs Lars Klingbeil und Saskia Esken in einem Bundestagsgebäude. Und sie verkünden die erste große Einigung der Sondierungen: Sie wollen viel, viel Geld ausgeben. Sogar noch viel mehr, als zuletzt kolportiert worden war.

Seit Freitag sitzen Union und SPD schon zusammen, um auszuloten, wie sie gemeinsam regieren können. Ganz am Anfang mussten sie klären, wie sie den erheblichen Investitionsbedarf in Deutschland decken können. Nicht nur für die Bundeswehr, sondern auch für die marode Infrastruktur.

Der Druck war in der Nacht noch mal gewachsen, als die US-Administration angekündigt hatte, ihre Ukraine-Hilfen aussetzen zu wollen. Europa muss jetzt schnell einspringen, da waren sich alle einig. Und jetzt sind sich zumindest Union und SPD auch einig, wie das gelingen soll: mit theoretisch unendlich viel Geld. Das Problem: Union und SPD brauchen für die Operation „Whatever it takes“ mindestens noch die Grünen. Und das Bundesverfassungsgericht könnte ihnen auch noch in die Quere kommen.

Es brauche „sehr schnell sehr große Anstrengungen“, um die Verteidigungsfähigkeit Deutschlands und Europas zu stärken, sagt Friedrich Merz zu Beginn. Union und SPD wollen das nicht, wie bislang vermutet wurde, über ein Sondervermögen lösen, das zwar mit 400 Milliarden Euro üppig, aber trotzdem endlich ist. Sie wollen ein Stück Unendlichkeit.

Union und SPD wollen die Schuldenbremse so reformieren, dass nur noch 1 Prozent der Verteidigungsausgaben Deutschlands darunter fallen. Alles darüber hinaus soll von der Schuldenbremse ausgenommen werden. Künftig könnten so nur noch etwa 44 Milliarden Euro für Verteidigung unter die Schuldenregeln fallen – und damit weniger als bislang. Alle Ausgaben, die man darüber hinaus für nötig hält, werden nicht mehr angerechnet.

Annäherungen von Union und SPD: Saskia Esken, Friedrich Merz und Lars Klingbeil auf dem Weg zur Pressekonferenz. (Quelle: Kay Nietfeld/dpa/dpa-bilder)

Die Verteidigungsausgaben sind damit künftig theoretisch fast nach oben offen. Das war für die Verhandler nicht nur deshalb wichtig, weil im Weißen Haus inzwischen der unkalkulierbare US-Präsident Donald Trump sitzt. Und wer weiß, ob der sich künftig noch an die Bündnisverpflichtungen der Nato halten will. Auch Putin war ein wichtiges Argument. Mit einem festen Sondervermögen, so heißt es aus Verhandlungskreisen, hätte Russland genau ausrechnen können, wie viele Panzer und Raketen Deutschland kaufen könnte. Jetzt sei man schwerer ausrechenbar, weil die Ausgaben nach oben unendlich skalierbar seien.

  • Kommentar: Das ist eine Revolution von oben

Auch das 3-Milliarden-Euro-Hilfspaket für die Ukraine könnte jetzt kommen. Das Paket ist quasi versandbereit, das Außenministerium und das Verteidigungsministerium hatten es schon für die Ampelregierung geplant. Es enthält viel Luftverteidigung und auch Drohnen. Doch die Ampel konnte sich darauf nicht mehr einigen. Nun will Merz darüber am Mittwoch mit Noch-Bundeskanzler Olaf Scholz sprechen.

„Was für Zeiten“, sagt Markus Söder, als er am Abend sprechen darf. Und: „Ernste Zeiten erfordern sehr ernsthafte Maßnahmen.“ Dass man die Schuldenbremse eigentlich erst mal nicht antasten wollte, schon gar nicht mit einem Schnellschuss: Das spielt für die Union nach der Wahl offensichtlich keine große Rolle mehr.

Die „ernsthaften Maßnahmen“ hören aber bei der Verteidigung nicht auf – und damit auch die vielen neuen Schulden nicht, die auch die Union jetzt auf einmal machen will. Es gibt noch einen zweiten großen Teil der Einigung: Für die Infrastruktur soll es ein neues Sondervermögen mit 500 Milliarden Euro für zehn Jahre geben, wobei 100 Milliarden den Bundesländern zugutekommen.

Aktie.
Die mobile Version verlassen