Eine 18-Jährige in den USA starb, nachdem sie wegen Komplikationen während der Schwangerschaft in mehreren Krankenhäusern Hilfe gesucht, aber nicht bekommen hatte.
Am Morgen des 29. Oktober 2023 hat sich in einem Krankenhaus im US-Bundesstaat ein tragischer Vorfall ereignet. Candace Fails flehte um Hilfe für ihre schwangere Tochter Nevaeh Crain, die vor Schmerzen weinte und deren Oberschenkel blutverschmiert waren. Die 18-Jährige war am Tag ihrer Babyparty schwer erkrankt. Innerhalb von zwölf Stunden suchte sie zwei Notaufnahmen auf. Doch dort sollen die Mitarbeiter die gesundheitlichen Probleme der jungen Frau nicht richtig behandelt haben. Ihr Zustand verschlechterte sich stetig, berichtete die US-amerikanische Stiftung ProPublica.
Im ersten Krankenhaus diagnostizierten die Ärzte eine Halsentzündung. Crains starke Bauchschmerzen wurden erst gar nicht untersucht. Im zweiten Krankenhaus wurde eine Sepsis festgestellt – eine lebensbedrohliche Reaktion auf eine Infektion. Trotz der Diagnose wurde Crain entlassen, da der Herzschlag ihres sechs Monate alten Fötus‘ noch zu hören war.
Bei einem dritten Krankenhausbesuch bestand ein Geburtshelfer nur auf eine Ultraschalluntersuchung, um zu prüfen, ob der Fötus noch lebt. Doch der war bereits tot. Währenddessen verschlechterte sich Crains Zustand rapide: Ihr Blutdruck sank stark und ihre Lippen verfärbten sich blau. Sie wurde zwar auf die Intensivstation gebracht. Doch dort starb auch sie wenige Stunden später. Zur Deckung der Beerdigungskosten sammelt Crains Familie Spenden auf der Seite gofundme.com.
Bis heute ist Candace Fails fassungslos darüber, dass der Notfall ihrer Tochter nicht als solcher behandelt worden ist. Ärzte und Anwälte erklärten gegenüber ProPublica, dass solche Vorfälle in US-Bundesstaaten mit strikten Abtreibungsverboten zunehmen würden. „Schwangere Frauen sind im Wesentlichen zu Unberührbaren geworden“, sagte Sara Rosenbaum, emeritierte Professorin für Gesundheitsrecht und -politik an der George Washington University in Washington, D.C.
In Texas drohen Ärzten laut ProPublica Gefängnisstrafen für Eingriffe, die den Fötus‘ töten könnten. Das sei auch bei medizinischen Komplikationen der Fall. Dies führe oft dazu, dass Patientinnen zwischen Krankenhäusern hin- und hergeschoben werden oder wertvolle Zeit mit Diskussionen über rechtliche Konsequenzen verloren geht.
Dr. Jodi Abbott, Professorin für Geburtshilfe und Gynäkologie an von der Boston University School of Medicine, erklärte: „Patientinnen fragen sich: ‚Werde ich nach Hause geschickt, weil es mir wirklich gut geht? Oder aus Angst vor rechtlichen Konsequenzen?'“
In den USA soll das Gesetz zur medizinischen Notfallbehandlung und Arbeitssicherheit (Emergency Medical Treatment and Labour Act, kurz EMTALA) verhindern, dass Notärzte lebensrettende Maßnahmen verweigern. Die Regierung unter Joe Biden argumentierte, dies gelte auch bei notwendigen Abtreibungen. Texas widersetzt sich jedoch vehement dieser Auslegung und droht Ärzten bei Verstößen mit bis zu 99 Jahren Haft.
Eine Analyse von Crains Krankenakten durch ProPublica und neun Ärzte ergab erhebliche Versäumnisse bei ihrer Behandlung: Das erste Krankenhaus übersah Symptome einer Infektion. Der Arzt im zweiten Krankenhaus hätte die werdende Mutter niemals entlassen dürfen, hieß es weiter. Und im dritten Krankenhaus habe es keinen medizinischen Grund für die verzögerte Behandlung der Frau gegeben. Somit würde unklar bleiben, ob Crains Tod vermeidbar gewesen wäre. Möglicherweise hätten die Ärzte sowohl sie als auch ihren Fötus retten können.
Die beteiligten Krankenhäuser und Ärzte haben Anfragen zur Stellungnahme abgelehnt. Nach dem Vorfall hätten verschiedene staatliche Stellen in Texas klargestellt, dass sie gegen Mediziner vorgehen würden, die gegen das Abtreibungsverbot verstoßen – selbst wenn dies Leben retten könnte.