
Rosa von Praunheim ist tot
„Schalt sofort den Fernseher ein, es geht dir an den Kragen“
17.12.2025 – 16:31 UhrLesedauer: 3 Min.
Rosa von Praunheim ist tot. Neben seinem filmischen Schaffen bleibt der Regisseur besonders mit einem Tabubruch in Erinnerung.
Am 10. Dezember 1991 änderte sich das Leben von Hape Kerkeling schlagartig. Der Entertainer musste mit ansehen, wie im Fernsehen seine sexuelle Orientierung ausgebreitet wurde – ohne dass er dies vorher abgesprochen oder gar genehmigt hätte. Der Filmemacher Rosa von Praunheim entschied sich, die Homosexualität von Hape Kerkeling öffentlich zu machen. „Kerkeling ist jung, hübsch und Sympathieträger. Er sollte seine Homosexualität offenbaren“, forderte von Praunheim vor 3,2 Millionen Fernsehzuschauern bei RTL.
Es war ein Zwangsouting, das Wellen schlug.
„Sensiblere Naturen als ich hätten sich in einer Kurzschlusshandlung womöglich mit dem Föhn in die Badewanne gelegt“, sagte Kerkeling ein Jahr nach von Praunheims TV-Aktion in einem Interview mit dem „Spiegel“. Einen Tag vor der berüchtigten „Explosiv“-Sendung habe Praunheim ihn angerufen und wissen wollen, ob er schwul sei. „Ich habe ihm gesagt, das veröffentliche ich, wenn ich es für richtig halte. Ich hatte ein mulmiges Gefühl. Am Abend darauf rief eine entsetzte Freundin bei mir an: ‚Schalt sofort den Fernseher ein, es geht dir an den Kragen.'“
Zwischen den beiden Promis herrschte fortan Eiszeit. Kerkeling empfand diesen Eingriff als massive Verletzung seiner Privatsphäre. Die Kluft zwischen Praunheim und Kerkeling konnte auch Isabel Varell verstehen, die beste Freundin Kerkelings. Zum 30. Jubiläum des Zwangsoutings schrieb sie in einem Gastbeitrag für t-online: „Was Rosa von Praunheim damals gemacht hat, war in meinen Augen reine Selbstinszenierung. Er hat sich auf den heißen Stuhl gesetzt und sich darauf sehr gefallen. Geholfen hat er damit niemandem.“
Obwohl er in seiner mehr als 50-jährigen Karriere über 150 Kurz- und Langfilme drehte und sein künstlerisches Schaffen über viele Jahrzehnte hinweg die deutsche Kulturszene prägte, bleibt von Praunheim besonders mit seiner Aktion auf dem „Heißen Stuhl“ bei RTL in Erinnerung.
„Mein Outing von schwulen Prominenten war ein Verzweiflungsschrei auf dem Höhepunkt der Aidskrise“, rechtfertigte von Praunheim später seine Absichten. „Ich wusste, das war unanständig.“ Aber er habe eine „Bombe werfen“ müssen. Neben der Homosexualität Kerkelings machte er auch die von Alfred Biolek publik: „‚Bio‘ zum Beispiel ist unheimlich beliebt. Warum kann der nicht einfach sagen: ‚Ich bin schwul“, so Rosa von Praunheim damals.