Der Ukraine zu helfen, ist teuer. Gerade in Zeiten andauernder Haushaltsdebatten schrecken Politiker deshalb vor weiteren Zusagen zurück. Doch eine Niederlage könnte noch deutlich teurer werden.
Seit mehr als zweieinhalb Jahren wütet Putin in der Ukraine. Schon lange ist klar, dass der Plan des russischen Präsidenten, einen schnellen Sieg zu erringen, fehlgeschlagen ist. Doch die Landesverteidigung ist teuer für die Ukraine und zehrt an Menschen und Material.
Immer wieder bittet der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj deshalb westliche Staaten um Unterstützung – zuletzt bei der Vorstellung seines „Siegesplans“. Die Inhalte des Plans können Sie hier nachlesen.
Er beklagt, dass die bisherigen Hilfen nicht ausreichen. Einige namhafte Ökonomen stimmen ihm nun zu und gehen sogar noch einen Schritt weiter: Es sei nicht nur moralisch richtig, die Ukraine zu unterstützen, sondern auch die wirtschaftlichere Lösung. Moritz Schularick, Präsident des Kiel Instituts für Weltwirtschaft (IfW), rechnet dabei vor: „Deutschland zahlt historisch gesehen nur sehr geringe Beträge für die Unterstützung der Ukraine.“
Bislang entsprächen die gesamten deutschen bilateralen Militärhilfen weniger als 0,25 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung Deutschlands. „Bezogen auf die Dauer des Krieges von mehr als zweieinhalb Jahren seit Russlands Überfall Anfang 2022, sind das nur rund 0,1 Prozent der Wirtschaftsleistung in diesem Zeitraum“, sagt er bei den Kieler Konjunkturgesprächen, ausgerichtet von der niederländischen Botschaft in Berlin. Zuerst hatte die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ darüber berichtet.
Bereits im Juli hatte Schularick im Interview mit t-online vor einer Niederlage der Ukraine gewarnt. „Sollte die Ukraine den Krieg verlieren, stehen wir vor einer viel größeren und teureren Herausforderung: einem aggressiven, nationalistischen Russland gegenüberzutreten, das Grenzen verschieben will.“ Das ganze Interview können Sie hier nachlesen.
Nun bestärkt er seinen Appell erneut: „Deutschland sollte die Ukraine daher auch im eigenen, ökonomischen Interesse sehr viel tatkräftiger und großzügiger unterstützen.“ Denn auch wenn die Beträge, die für die Ukraine-Hilfen aufgerufen werden, hoch erscheinen mögen, so sind sie nach Schularicks Rechnung im historischen Vergleich verhältnismäßig niedrig.
„Während des Golfkriegs 1991 betrug Deutschlands Unterstützung 17,6 Milliarden Mark, mehr als 0,6 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung und mehr als 5,4 Prozent des damaligen Bundeshaushalts.“ Also deutlich mehr als die 0,25 Prozent, die aktuell für die Ukraine aufgewendet werden.
Schularick steht mit seiner Einschätzung nicht allein da. Weitere deutsche Top-Ökonomen teilen seine Einschätzung. Als im Sommer im Zuge der Haushaltsdebatten sogar eine Kürzung der Ukraine-Hilfen diskutiert wurde, bezog auch Ifo-Präsident Clemens Fuest klar Stellung. Es sei im dringenden Interesse Deutschlands, die Ukraine zu unterstützen. „Deshalb ist es schwer nachvollziehbar, dass die finanzielle Unterstützung der Ukraine nicht deutlich erhöht wird, ganz unabhängig von der Frage, ob Einkünfte aus russischem Vermögen herangezogen werden können“, so Fuest. Die Vorsitzende des Sachverständigenrates, Monika Schnitzer, sprach damals von einem „fatalen Signal“ an Russland.
Auch im Vergleich zu anderen politischen Maßnahmen fallen die Ukraine-Hilfen weniger ins Gewicht, als viele zunächst annehmen. Auf der Plattform X rechnete Schularick deshalb zuletzt vor, dass allein das Dieselprivileg den deutschen Steuerzahler jährlich „rund doppelt so viel“ koste. Mit dem Dieselprivileg ist die geringere Energiesteuer auf Diesel mit rund 47 Cent pro Liter im Vergleich zu rund 65 Cent pro Liter bei Benzin gemeint. Er rechnet dabei mit Kosten von 8 Milliarden Euro.
Laut der Deutschen Umwelthilfe entgehen dem Staat durch das Dieselprivileg jährlich sogar 9,6 Milliarden Euro Mehreinnahmen. Zum Vergleich: Deutschland hat seit Kriegsbeginn 10,63 Milliarden US-Dollar (9,78 Milliarden Euro) an Militärhilfen für die Ukraine gezahlt. Also knapp fünf Milliarden Euro pro Jahr. Für 2025 sieht die Regierung vier Milliarden Euro vor.