
So betörend Markus Söders Hang zum unkonventionellen Handeln und zur Hyperpersonalisierung gewesen sein mag, der Effekt hat sich abgenutzt. Der bayerische Dorian Gray ist in die Jahre gekommen. Söder hat die CSU „verlindnert“.
In der Spitzenpolitik gehört ein sehr großes Selbstbewusstsein zum Grundarsenal dessen, was man aufweisen muss, um in diesem Umfeld zu reüssieren. Im letzten Jahrzehnt gab es in Deutschland drei Politiker, deren endloser Glaube an sich alle anderen überragte: Robert Habeck, Christian Lindner und Markus Söder.
Nachdem nun auch Robert Habecks aktueller Versuch, sich durch einen Kinofilm „Jetzt. Wohin.“ wieder ins Spiel zu bringen, gefloppt ist, ist von der Dreierbande nur der Markus Söder übrig geblieben.
Der hochaufgeschlossene, mittlerweile bebartete Bajuwar freut sich gewiss diebisch, dass die beiden anderen von der großen Bühne verschwunden sind. Denn Söder betreibt sein politisches Geschäft seit jeher nach der Methode des triebhaften Stichelns gegen jeden anderen realen oder vermeintlichen Häuptling, den es auszuräumen gilt.
Wie es sich für einen Dorian Gray gehört, wirkt Söder geradezu selbstsüchtig, wie er durch Instagram-Posts fleißig untermalt. Zugleich ist er wankelmütig und in der Sache immer hin und her schwankend. Er ist stets darauf bedacht, in den Schlagzeilen zu sein. Auch wenn er jenseits des Faschings wohl nicht mit orange-blondem Haar anzutreffen ist, kommt er auf deutsche Verhältnisse übertragen in puncto Sprunghaftigkeit Donald Trump immer näher.
Dessen ungeachtet ist und bleibt Söder ein Bierzelt-Entertainer. Insbesondere kümmert er sich wenig um die Konsistenz seiner Positionen, was bei seinem Umgang mit dem Klimawandel besonders ins Auge sticht. Noch vor wenigen Jahren gab Söder sich als glühender Verfechter des Umweltschutzes und der Nachhaltigkeit, um später die Grünen zum politischen Hauptgegner zu erklären. Zumindest in seiner eigenen Landeshauptstadt entspricht das nicht dem Zeitgeist.
Söders großes berufliches Glück ist, dass sein Bundesland – gerade auch aufgrund der wirtschaftlichen, technologischen und kulturellen Anziehungskraft Münchens – die deutsche Erfolgsstory ist. Das gibt ihm trotz all dem stetig aus ihm heraussprudelnden rhetorischen Treiben sowohl eine narrative als auch faktische Basis der Solidität.