Die Chefin der Wirtschaftsweisen hält die Rentenreform für völlig unzureichend. SPD-Arbeitsminister Heil musste sich heftige Kritik anhören.

Homöopathie kommt für Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) Wünschelruten gleich. Für ähnlich wirksam hält die Wirtschaftsweise Monika Schnitzer offenbar die Rentenreform der Ampel. „Das ist noch nicht mal ein Tropfen auf den heißen Stein. Das ist schon homöopathisch“, sagte die Vorsitzende des Sachverständigenrats am Donnerstagabend bei „Maybrit Illner“ über die Pläne von Finanzminister Christian Lindner (FDP) für eine Aktienrente.

  • Hubertus Heil (SPD), Bundesarbeitsminister
  • Franziska Brandmann, Bundesvorsitzende der Jungen Liberalen
  • Monika Schnitzer, Wirtschaftsweise
  • Verena Bentele, Präsidentin Sozialverband VdK
  • Hermann-Josef Tenhagen, „Finanztip“

Das sogenannte Generationenkapital soll ab 2036 durchschnittlich zehn Milliarden Euro jährlich abwerfen, um die Rentenbeiträge stabil zu halten (mehr dazu hier). Das werde angesichts von rund 800 Milliarden Euro Rentenausgaben im Jahr 2045 nicht viel ausmachen, sagte Schnitzer. „Ich finde das Paket so nicht verabschiedungswürdig. Ich glaube, da muss stark nachgebessert werden“, kritisierte in der Talkshow zudem Franziska Brandmann, Bundesvorsitzende der Jungen Liberalen (Juli). Sie meinte damit dezidiert auch ihren Parteichef.

„Illner“: Kritik an Lindner aus FDP

„Ich glaube, dass er das gemacht hat, weil er das Generationenkapital unbedingt durchsetzen wollte“, erklärte die Juli-Chefin die Reform Lindners mit Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD), der ebenfalls bei „Illner“ zu Gast war. „Ich verstehe auch, dass er das versucht zu machen, und das ist bestimmt schwierig mit den Sozialdemokraten, deshalb halte ich es ihm auch zugute“, sagte Brandmann mit Blick auf Lindner. „Aber ich finde, unterm Strich ist es eine Mehrbelastung und deshalb kein gutes Paket.“ Die junge Liberale sprach von etwa 3.000 Euro zusätzlich an Rentenbeiträgen pro Jahr bei einem Durchschnittseinkommen. Lesen Sie hier, was das Rentenpaket für Rentner und Beitragszahler bedeutet.

„Das ist eigentlich eine politische Reform, keine ökonomische Reform“, monierte „Finanztip“-Chefredakteur Hermann-Josef Tenhagen. Die eigentlichen Stellschrauben für eine sichere Rente hätten die beiden Minister nicht angetastet, nämlich dafür zu sorgen, dass in Deutschland mehr gearbeitet wird – durch zusätzliche Fachkräfte, mehr Arbeit durch Frauen und späteren Renteneintritt. „Da ist zu viel schlanker Fuß für ein Reformpaket“, sagte Tenhagen und kritisierte die geplante Investitionssumme beim „Generationenkapital“ mit den Worten: „Es ist wirklich zu wenig.“

Warum steckt Lindner nicht mehr in die Aktienrente?, wollte Illner von Heil wissen. „Ich habe ihn nicht aufgehalten“, wies der Sozialdemokrat dem Kabinettskollegen die Verantwortung zu. „Es ist ein Kompromiss, keine Frage“, räumte Heil zu der Reform ein. Der Vorwurf der Zockerei bei der Aktienrente sei jedoch Unsinn: „Das ist eine sehr sichere Konstruktion.“ Durch die Form einer Stiftung sei das Geld zudem davor geschützt, von späteren Regierungen für andere Zwecke benutzt zu werden.

Heil: Auf Rente ist Verlass

Heil verteidigte die Rentenreform. „Wenn wir nicht handeln würden, würde ab 2027 das Rentenniveau runtersacken“, sagte er bei „Maybrit Illner“. So aber hätten auch spätere Generationen mehr Geld in der Tasche. „Die Realität der meisten Arbeitnehmer ist, dass sie sich auf die gesetzliche Rente verlassen können“, beteuerte der Arbeitsminister. Er lehnte Schnitzers Forderung ab, die Renten von der Lohnentwicklung abzukoppeln und nur noch so stark wie die Inflation steigen zu lassen. Damit würden Rentner bei der Kaufkraft hinter den Rest der Gesellschaft zurückfallen, sagte Heil.

Verena Bentele, Präsidentin Sozialverband VdK und SPD-Mitglied, bedauerte, dass Selbstständige, Beamte und Abgeordnete weiterhin nicht in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen müssen. Auch dadurch hätte das System gestützt werden können. Die Rentenversicherung sei für viele Menschen ein zuverlässiges Fundament, unterstrich Bentele die Bedeutung der staatlichen Alterssicherung. Aber auch sie zweifelte den Zweck der Aktienrente an.

Aktie.
Die mobile Version verlassen