Wer einen Pflegebedürftigen zu Hause versorgt, kann auch finanziell profitieren. Dabei sollten Sie allerdings den richtigen Zeitpunkt für den Antrag nicht verpassen.
Oft helfen Angehörige, Freunde oder Nachbarn, wenn Pflegebedürftige lieber zu Hause als im Heim betreut und versorgt werden möchten. Das macht sich auch bei der Rente bezahlt.
Schon seit 1995 bekommen ehrenamtliche Pflegende für ihre Tätigkeit Rentenpunkte gutgeschrieben. Wir erklären, ob diese auch rückwirkend gewährt werden, welche Voraussetzungen Sie erfüllen müssen, damit die Pflege für Ihre Rente zählt, und wie viele Rentenpunkte Sie dann erhalten.
Nein. Sie können sich Pflegezeiten nicht rückwirkend für Ihre Rente anrechnen lassen (Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 10. Dezember 2013, Az. B 13 R 91/11). Pflegende Angehörige sollten daher rechtzeitig einen Antrag auf Pflegeleistungen stellen – also sobald der Pflegefall eintritt. So sichern Sie sich für Ihre Pflegetätigkeit von Anfang an Rentenpunkte. Was Rentenpunkte genau sind, lesen Sie hier.
Eine rückwirkende Berücksichtigung von Pflegezeiten ist nach Ansicht der Gerichte nicht möglich, weil sich nachträglich kaum nachvollziehen lasse, ob Sie die Pflege tatsächlich geleistet haben. Im Antrag auf Pflegeleistungen müssen Sie auch den Umfang Ihrer Pflegetätigkeiten angeben.
Ob Sie Rentenpunkte für die Pflege von Angehörigen bekommen, ist im Sozialgesetzbuch (SGB) XI unter § 44 „Leistungen zur sozialen Sicherung der Pflegepersonen“ geregelt. Demnach müssen Sie mehrere Voraussetzungen erfüllen, um von der Pflegekasse auf Antrag Rentenpunkte gutgeschrieben zu bekommen:
- Der Pflegebedürftige hat mindestens Pflegegrad 2.
- Sie pflegen die Person nicht erwerbsmäßig und mindestens zehn Stunden wöchentlich, verteilt auf mindestens zwei Tage die Woche.
- Die Pflege erfolgt in häuslicher Umgebung.
- Sie sind neben der Pflege nicht mehr als 30 Stunden wöchentlich berufstätig.
- Sie dürfen keine volle Altersrente beziehen (siehe dazu auch Tipp in der Infobox).
- Sie müssen die Pflege länger als zwei Monate oder 60 Tage im Jahr leisten.
Tipp: Pflegen Sie mehrere Personen, dürfen Sie die einzelnen Pflegezeiten zusammenrechnen (Additionspflege). Pflegende, die in Altersrente gehen wollen, sollten statt einer Vollrente eine Teilrente von 99 Prozent beantragen. So haben Sie kaum Abzüge bei der Rentenzahlung, bekommen aber die vollen Pflege-Rentenpunkte weiter gutgeschrieben.
Die Zeit, in der Sie sich um einen Pflegebedürftigen kümmern, zählt bei der Rente wie eine Erwerbsarbeit. Wie viele Rentenpunkte Sie genau von der Rentenversicherung gutgeschrieben bekommen, hängt von der Höhe der Rentenbeiträge ab, die die Pflegeversicherung für Sie zahlt.
Berechnet werden diese mithilfe der sogenannten Beitragsbemessungsgrundlage. Also fiktiven beitragspflichtigen Einnahmen, die Sie sozusagen für Ihre Pflegetätigkeit bekommen.
Die Bemessungsgrundlage wiederum ergibt sich aus der aktuellen Bezugsgröße, der Höhe des Pflegegrads und der Art der Leistung, die der Pflegebedürftige bezieht (Pflegegeld, Sachleistung, Kombinationsleistung). Auch der Wohnsitz spielt eine geringfügige Rolle, da in der Rentenversicherung noch zwischen Ost und West unterschieden wird.
Gut zu wissen: Kombinationsleistung, auch Kombinationspflege oder Kombipflege genannt, meint die Kombination aus Pflegegeld und ambulanten Sachleistungen (Pflegedienst oder Tages- oder Nachtpflege).
Die Bezugsgröße bildet das Durchschnittsentgelt in Deutschland aus dem vorvergangenen Kalenderjahr ab. Sie wird in der Sozialversicherung für verschiedene Berechnungen genutzt – unter anderem eben für die Rentenpunkte für Pflegende. 2024 beträgt die monatliche Bezugsgröße im Westen 3.535 Euro, im Osten 3.465 Euro. Lesen Sie hier, wie hoch andere Rechengrößen in der Sozialversicherung aktuell ausfallen.
Um Ihr fiktives Einkommen als Pflegeperson zu berechnen, werden diese Werte mit einem bestimmten Prozentsatz multipliziert, dessen Höhe von Pflegegrad und Art der Pflegeleistung abhängt. Die folgende Tabelle zeigt, welche Kombinationen zu welchem Prozentsatz der Bezugsgröße führen.
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Die Formel für die Bemessungsgrundlage lautet:
Bezugsgröße x Prozentsatz der Bezugsgröße = monatliche Bemessungsgrundlage
- Beispiel: Nehmen wir an, Sie pflegen im Jahr 2024 Ihre Mutter, die in Nordrhein-Westfalen lebt und Pflegegrad 3 hat. Sie bezieht Kombinationsleistungen aus der Pflegeversicherung. Dann ergibt sich für Sie ein fiktives monatliches Einkommen für Ihre Pflegetätigkeit von 1.292,04 Euro (3.535 Euro (Bezugsgröße West) x 36,55 Prozent).
Da der Beitragssatz für die gesetzliche Rentenversicherung bei 18,6 Prozent liegt, zahlt die Pflegekasse für Sie monatlich 240,32 Euro in die Rentenversicherung ein. Aber was macht das Ganze jetzt in Rentenpunkten?
Verdienen Sie als normaler Erwerbstätiger im Jahr genauso viel wie der Durchschnitt aller Sozialversicherten (Durchschnittsentgelt), erhalten Sie genau einen Rentenpunkt. Verdienen Sie mehr oder weniger, erhalten Sie anteilig mehr oder weniger Punkte.
Bei pflegenden Angehörigen wird das Durchschnittsentgelt durch die Bezugsgröße abgebildet. Da noch die Prozentsätze zum Tragen kommen, ist es Ihnen maximal möglich, einen Rentenpunkt im Jahr zu bekommen – aber nur, wenn der Pflegebedürftige Pflegegrad 5 hat und Pflegegeld bezieht.
Dann gilt für Sie nämlich die komplette Bezugsgröße (100 Prozent, siehe Tabelle oben). In allen anderen Fällen erhalten Sie entsprechend nur einen Anteil des Rentenpunkts. In unserem Beispiel oben wären das also 0,3655 Rentenpunkte im Jahr.
Ein Rentenpunkt entspricht aktuell bundeseinheitlich 39,32 Euro. Demnach bekämen Sie für 0,3655 Rentenpunkte also ein Rentenplus von 14,37 Euro.