Annalena Baerbock soll Präsidentin der UN-Generalversammlung werden – und eine andere Spitzendiplomatin verdrängen. Die scheidende Außenministerin verteidigt den Schritt.
Die scheidende Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat die Entscheidung der Bundesregierung verteidigt, sie selbst für den Vorsitz der UN-Generalversammlung zu nominieren an Stelle der Top-Diplomatin Helga Schmid. Diese Postenvergabe erfolge „analog zu vielen Vorgängern, die ebenfalls ehemalige Außenminister oder ehemalige Premierminister waren“, sagte sie auf einer Pressekonferenz während ihres Besuchs in der libanesischen Hauptstadt Beirut.
Sie wies auf die Bedeutung der Vereinten Nationen hin, „gerade in diesen stürmischen Zeiten“. „Die Generalversammlung hat im Lichte des UN-Sicherheitsrates, der immer wieder blockiert ist, eine wichtige Rolle.“ Deswegen wolle man „der Analogie von vielen, vielen Vorgängern an dieser Stelle“ folgen.
Auch die Bundesregierung hat die Nominierung von Annalena Baerbock als Präsidentin der UN-Generalversammlung als Ausdruck der Verantwortung für die internationale Ordnung gerechtfertigt. „Es ist ein besonderes Zeichen, dass Deutschland hier die Außenministerin als Kandidatin nominiert“, sagte Baerbocks Sprecher Sebastian Fischer am Mittwoch in der Bundespressekonferenz.
Die noch amtierende Außenministerin Baerbock soll den Posten statt der Spitzendiplomatin Helga Schmid bekommen. Schmid war im vergangenen Jahr von der Bundesregierung nominiert worden und muss nun doch für Baerbock weichen. Der Schritt hatte zum Teil heftige Reaktionen in diplomatischen Kreisen hervorgerufen.
- Kommentar: Das könnte ihr auf die Füße fallen
Der frühere Vorsitzende der Münchner Sicherheitskonferenz, Christoph Heusgen, sagte dem „Tagesspiegel“, es sei „eine Unverschämtheit, die beste und international erfahrenste deutsche Diplomatin durch ein Auslaufmodell zu ersetzen.“ Der frühere SPD-Außenminister Sigmar Gabriel sagte der Zeitung, Schmid sei „eine großartige Diplomatin“. Und: „Frau Baerbock kann viel von ihr lernen.“ Schmid selbst hat sich bisher nicht geäußert.
Der Sprecher der Außenministerin sagte nun, viele bisherige Präsidenten der UN-Generalversammlung seien Regierungschefs eines Landes oder Außenminister gewesen. Aktuell besetzt den Posten der ehemalige Premierminister Kameruns, Philemon Yang. Die Besetzung mit der deutschen Außenministerin reihe sich da ein.
„Sie sehen darin“, sagte Baerbocks Sprecher Fischer, „dass diese Kandidatur auf hoher politischer Ebene das deutsche politische Bekenntnis zu den Vereinten Nationen und unsere Bereitschaft, in schwierigen Zeiten besondere Verantwortung für dieses multilaterale System zu übernehmen, unterstreicht.“
Regierungssprecher Steffen Hebestreit lobte Baerbock ebenfalls. „Sie ist hoch qualifiziert für diesen Job. Sie ist hoch anerkannt“, sagte er. „Die Bundesregierung hat sich auch im Einvernehmen mit der künftigen potenziellen Bundesregierung darauf verständigt, Frau Baerbock zu nominieren.“
Baerbock soll im September ihre einjährige Amtszeit antreten. Sie muss vorher formal von der Generalversammlung gewählt werden, das gilt aber als Formsache.
Baerbocks Sprecher Sebastian Fischer machte deutlich, dass sich die Bundesregierung von der Besetzung der Präsidentschaft der Generalversammlung auch bessere Aussichten auf den deutschen Einfluss im UN-Sicherheitsrat erhofft.
Das seien zwar unterschiedliche Organe der Vereinten Nationen, sagte Fischer. Man sehe aber, dass die UN als Ganzes in den vergangenen Jahren in „schwieriges Fahrwasser geraten“ sei. Und wenn eine deutsche Präsidentin beitragen könne, in der Generalversammlung „für ein konstruktives Miteinander zu werben, reflektiert das sicher auch auf unsere Kandidatur für die Sicherheitsratspräsidentschaft“.
Grünen-Chefin Franziska Brantner lobte die Besetzung des Postens mit Parteikollegin Baerbock ebenfalls als „starkes Bekenntnis zu den Vereinten Nationen“. Baerbock bringe „großartige Kontakte und eine unerschütterliche Leidenschaft für die internationale Diplomatie mit“, sagte Brantner t-online. Sie könne nun „an entscheidender Stelle ihren Kampf für globale Klimagerechtigkeit, die Stärke des internationalen Rechts und eine feministische Außen- und Sicherheitspolitik fortsetzen“.