Welche Lehren hat die Regierung aus der Corona-Zeit gezogen? Der Rechnungshof wirft der Ampel in einem Bericht vor, mangelhaft auf mögliche weitere Pandemien vorbereitet zu sein. Vor allem in einem Bereich hakt es.

Das Bundesgesundheitsministerium ist nach Einschätzung des Bundesrechnungshofs nicht nur unzureichend auf eine neuerliche Pandemie vorbereitet. Die Zahl der Intensivbetten sinke „kontinuierlich“, zudem gebe es weiterhin noch keinen neuen nationalen Pandemieplan. Das geht aus einem Bericht des Rechnungshofs hervor, der am Mittwoch per Brief an den Haushaltsausschuss des Bundestags ergangen ist. Das 21 Seiten umfassende Dokument liegt t-online vor.

Die Prüfungsergebnisse tragen den Titel „Bundesministerium für Gesundheit ist auf künftige Pandemie nicht ausreichend vorbereitet“. Demnach kann das zuständige Bundesgesundheitsministerium unter Karl Lauterbach (SPD) „die Zahl der physisch vorhandenen Intensivbetten nicht beziffern, obwohl dies nach eigener Aussage essenziell für die Vorbereitung auf weitere Pandemien ist“, bemängelt der Rechnungshof. Zudem prangern die Prüfer an: „Eine grundlegende Überarbeitung des Nationalen Pandemieplans (NPP) ist bisher nicht erfolgt.“

Hintergrund für den Prüfbericht ist die Nachbetrachtung der Corona-Pandemie. Damals, im Jahr 2020, erhielten Deutschlands Krankenhäuser pauschal 50.000 Euro für jedes zusätzliche Intensivbett. Den Ländern, so der Rechnungshof, wurden dafür mehr als 680 Millionen Euro aus Mitteln der gesetzlichen Krankenversicherung überwiesen.

„Keine andauernden Versorgungseffekte“

„Dennoch“, so heißt es in dem nun verschickten Bericht, „sinkt die Zahl betriebsbereiter Intensivbetten seit Ende der Förderung kontinuierlich. Die Förderung stellte keine andauernden Versorgungseffekte sicher.“

Der Rechnungshof fordert: „Die Arbeit am NPP ist konsequent voranzutreiben. Für systemrelevante Ausstattungsmerkmale von Krankenhäusern sind Meldestrukturen zu schaffen. (…) Nicht an Krankenhäuser weitergeleitete Mittel sind von den Ländern zurückzufordern.“

Ziel sei, künftigen Pandemien wirksam entgegentreten zu können. Dazu sollten vergleichbare Förderleistungen „wirtschaftlich gestaltet“ werden. „Dies setzt entsprechende Kontrollmechanismen voraus“, schreibt der Rechnungshof. Und: „Eine Förderung muss stets nachhaltig ausgestaltet werden.“

Ein Intensivbett ist ein speziell ausgestattetes Krankenbett, das sich meist auf einer Intensivstation befindet. Vorgesehen sind solche Betten für Patienten, die eine intensivmedizinische Überwachung und Behandlung benötigen, oft wegen schwerer Erkrankungen, Unfälle oder nach komplizierten Operationen.

Typischerweise umfasst ein Intensivbett spezielle Überwachungsgeräte, etwa zum kontinuierlichen Messen von Herzfrequenz, Blutdruck, Sauerstoffsättigung, Beatmungsgeräte sowie andere Notfallausrüstung, sollte sich der Zustand eines Patienten plötzlich verschlechtern.

Ein Corona-Patient in einem Intensivbett (Archivbild): Während der Pandemie brauchte es vor allem Beatmungsgeräte. (Quelle: Peter Kneffel/dpa./dpa)

Intensivbetten sind deshalb sehr teuer. Je nach Ausstattung variieren die Kosten schnell zwischen einem Betrag von 50.000 Euro und 100.000 Euro. Hinzu kommen können erhöhte Personalkosten für speziell ausgebildete Intensivpflegekräfte und -mediziner.

Mit Beginn der Pandemie im Jahr 2020 wurde schnell klar, dass Deutschland ob der Pandemie möglicherweise mehr als die bis dahin vorhanden rund 25.000 Intensivbetten brauchen wird, um alle Corona-Patienten adäquat zu behandeln. Kurzfristig gab es deshalb für einen begrenzten Zeitraum von März bis September 2020 für die Kliniken den Rechtsanspruch auf pauschal 50.000 Euro pro Bett, um zusätzliche Kapazitäten zu schaffen.

Laut Rechnungshof hätten die in diesem Zuge verteilten rund 681,2 Millionen Euro „rechnerisch zu einem Kapazitätszuwachs von etwa 13.700 Intensivbetten führen müssen“. Der sei „aus den Statistiken und Datensammlungen indes nicht abzulesen“. Ab Oktober 2020 sinke die Zahl der Betten stetig, weil es an dem dafür nötigen Pflegepersonal mangle.

Die Kritik an Lauterbauchs Ministerium: „Dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) ist nicht bekannt, wie viele der seither etwa 18.600 zurückgebauten Intensivbetten noch physisch vorgehalten werden.“

„Die Pandemie ist stringent aufzuarbeiten“

Zugleich rügt der Rechnungshof auch die Länder. So habe das BMG zwar erwartet, dass die geförderten Betten zu einer „dauerhaften“ Erweiterung der Versorgungskapazität führen müssten – aber: „Die Länder hielten dies für nicht erforderlich.“

An diesem Punkt stellt sich der Rechnungshof an die Seite Lauterbachs: „Der Bundesrechnungshof unterstützt die Erwartung des BMG“, heißt es weiter in dem Prüfbericht. „Leistungen aus Mitteln der Beitragszahler zum Aufbau von Intensivbettenkapazitäten sollten über die Dauer der COVID-19-Pandemie hinaus und insoweit nachhaltig wirken.“

Dafür sei allerdings auch die Überarbeitung des NPP durch das Gesundheitsministerium und das Robert Koch-Institut (RKI) zwingend notwendig: „Seit März 2020 ergänzte das RKI den NPP zwar um mehrere sogenannte COVID-19-Strategiepapiere. Eine grundlegende Überarbeitung steht aber aus.“

Schon früher habe der Bundesrechnungshof die Vorbereitungen im BMG auf künftige Epidemien und Pandemien als „noch nicht ausreichend“ betrachtet. An diesem Befund halte der Rechnungshof trotz entsprechender Gegenrede des Ministeriums fest: „Die Arbeiten am NPP sind konsequent voranzutreiben. Die COVID-19-Pandemie ist dabei stringent aufzuarbeiten.“

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