Vor Militärtraining geflohen

Rätsel um russischen Beluga-Wal gelöst


13.11.2024 – 23:57 UhrLesedauer: 3 Min.

Norwegen (Archivbild): Der Fischer Joergen Ree Wiig näherte sich dem Belugawal und untersuchte, was an dessen Körper befestigt ist. (Quelle: Joergen Ree Wiig/Norwegian Directorate of Fisheries Sea Surveillance Unit/ap)

Der Wal sorgte erstmals 2019 für Aufsehen, weil er norwegische Fischer bedrängte und einen Gürtel mit einer russischen Aufschrift trug. Nun gibt es neue Informationen, woher das Tier stammen könnte.

Eine Expertin hat neue Details über das Rätsel um den mutmaßlich von der russischen Marine ausgebildeten Belugawal Hvaldimir enthüllt. Dr. Olga Shpak erklärt im neuen BBC-Film „Secrets of the Spy Whale“ („Geheimnisse des Spion-Wals“), dass sie „100 Prozent sicher“ sei, dass der Wal aus einem Trainingsprogramm der russischen Marine stamme.

Ihr Wissen basiere auf Gesprächen mit russischen Tierärzten und Trainern, die den Wal als ehemaliges Mitglied eines Programms zur Bewachung einer Marinebasis in der Arktis identifiziert hätten. „Über alle Tierärzte und Trainer kam die Nachricht zurück, dass ein Beluga namens Andruha vermisst wurde“, sagte sie.

Das Tier hatte vor fünf Jahren erstmals Schlagzeilen gemacht, als es vor der Küste Norwegens auftauchte und Fischerboote bedrängte. Danach bewegte es sich langsam entlang der norwegischen Küste in Richtung Schweden. Der Meeressäuger, der ein Geschirr mit russischer Aufschrift trug, machte laut Wissenschaftlern aktiv Schiffe ausfindig und zog Gegenstände und Taue von diesen. Norwegen nannte den Wal Hvaldimir und warf Moskau vor, der Meeressäuger diene als russischer Spion.

Der Beluga: Fischer befreiten den Wal von einem Geschirr, das aufgrund des Schriftzuges „Equipment St. Petersburg“ für Spekulationen über die Herkunft des Wals sorgte. (Quelle: dpa)

Shpak, eine Ukrainerin, die von den 1990er-Jahren in Russland Meeressäugetiere erforschte, glaubt aber nicht, dass der Weißwal als Spion dienen sollte. Sie ist davon überzeugt, dass der Beluga zum Schutz der Basis ausgebildet wurde und eine Gelegenheit nutzte, um zu fliehen. „Ich glaube, sie begannen, im offenen Wasser zu arbeiten und vertrauten darauf, dass das Tier nicht wegschwimmen würde“, sagte sie.

„Von den Leuten im kommerziellen Delfinarium, die ihn früher hatten, habe ich gehört, dass Andruha schlau und daher eine gute Wahl für das Training gewesen sei“, so die Forscherin. Gleichzeitig sei der Beluga aber ein Unruhestifter gewesen. Daher war es für die früheren Trainer offenbar keine Überraschung, dass er fortgeschwommen sei.

Russland hat sich stets geweigert, die Aussage zu bestätigen oder zu dementieren, dass der Weißwal vom russischen Militär trainiert wurde. Satellitenbilder aus der Nähe eines russischen Marinestützpunkts in Murmansk zeigen das mögliche frühere Zuhause des Wals. Im Wasser auf Bildern von Google sind deutlich Pferche zu erkennen, in denen sich anscheinend Belugas befinden.

„Die Position der Beluga-Wale in unmittelbarer Nähe der U-Boote und Schiffe könnte uns verraten, dass sie tatsächlich Teil eines Wachsystems sind“, sagt Thomas Nilsen von der norwegischen Online-Zeitung „The Barents Observer“ gegenüber der BBC.

Der norwegische Fischer Joergen Ree Wiig beobachtet den Belugawal. (Quelle: dpa)

Die Geschichte des Belugas Andruha nahm leider kein gutes Ende: Am 1. September 2024 wurde seine Leiche nahe der Stadt Risavika an der Südwestküste Norwegens im Meer treibend entdeckt. Obwohl einige Aktivistengruppen vermuteten, der Wal sei erschossen worden, wies die norwegische Polizei diese Erklärung zurück. Eine Obduktion ergab, dass Hvaldimir starb, nachdem ein Stock in seinem Maul stecken geblieben war.

Der Einsatz von Meeressäugern im russischen Militär ist nicht neu. Bereits die Sowjetunion bildete in den 80er-Jahren Delfine für die Aufklärung aus. In den 90er-Jahren wurde das Programm eingestellt. Ein Bericht des russischen Fernsehsenders TV Zvezda aus dem Jahr 2017 dokumentiert jedoch, dass Robben, Belugawale und Tümmler für militärische Zwecke im Polarmeer trainiert werden.

Speziell sollen Belugawale dafür eingesetzt werden, die Eingänge zu den Marinestützpunkten zu bewachen, wie der „Guardian“ berichtet. Die Tiere sind sehr territorial veranlagt und können Fremde töten, die in ihr Territorium eindringen.

Dagegen sollen Delfine und Robben unter anderem geschult worden sein, Werkzeuge für Taucher zu transportieren und Torpedos, Minen sowie andere Munition zu entdecken. Belugawale gelten als sehr empfindlich gegen Kälte und können sich nicht an so viele Kommandos von Menschen erinnern wie Robben.

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