Karneval trotz Krisen: Sorgen vor einem Anschlag sowie die Bundestagswahl belasten die Vorbereitungen des Rosenmontagszugs. Der Präsident des Kölner Festkomitees, Christoph Kuckelkorn, gibt nun Entwarnung – und lädt Friedrich Merz nach Köln ein.
Kriege, Terrorgefahr, eine gespaltene Gesellschaft – die Weltlage ist angespannt. Trotzdem bereitet sich Köln auf den Höhepunkt der fünften Jahreszeit vor. Doch wie feiert man Karneval in Krisenzeiten? Und welche Rolle kann das Fest in schwierigen Zeiten spielen?
Beantworten kann das Christoph Kuckelkorn, Präsident des Kölner Festkomitees und damit zentraler Organisator des Kölner Karnevals. t-online hat ihn in Köln getroffen und mit ihm über Sicherheitsbedenken, finanzielle Herausforderungen und die politische Dimension des Karnevals gesprochen.
Im Interview erklärt Kuckelkorn, warum Feiern kein Wegsehen bedeutet, welche Maßnahmen für die Sicherheit ergriffen werden – und weshalb er Friedrich Merz nach Köln einlädt.
t-online: Herr Kuckelkorn, vergangene Woche gab es erneut einen Anschlag mit islamistischem Hintergrund. Mit dem Ukraine-Krieg und Donald Trump ist die ganze Weltlage sehr kritisch. Wie ausgelassen können Sie dieses Jahr Karneval feiern?
Christoph Kuckelkorn: Der Karneval hat aktuell eine große Aufgabe: Die Menschen wollen eine Auszeit. Wir merken das an der gestiegenen Nachfrage bei Karnevalsveranstaltungen und der Gastronomie. Die Umsätze sind wesentlich höher als in den vergangenen Jahren. Hier im Rheinland haben wir ein großes Glück. Ich weiß nicht, wie man das anderswo aushält. Gerade in diesen Zeiten ist das Feiern extrem wichtig.
Aber ist das nicht etwas zynisch?
Das müssen Sie erklären.
Man kann sich entscheiden: Entweder man verzichtet und wird depressiv oder man sagt: „Lass uns heute Abend feiern und dann haben wir morgen die Kraft, das alles auszuhalten.“ Es geht nicht ums Ignorieren, das wäre zynisch.
Wir klammern die ernsten Themen nicht aus. Unsere Redner sind politisch und senden ein Zeichen für Demokratie.
Im Jahr 2022 haben Sie angesichts des russischen Einmarschs in die Ukraine den Rosenmontagszug kurzfristig abgesagt. Warum planen Sie das derzeit nicht?
Es ist etwas früh, so etwas zu planen. Unsere Veranstaltung hat einen einjährigen Vorlauf. So eine Absage macht man nicht einfach so. Es geht um siebenstellige Beträge, die wir in den Sand setzen. Deswegen überlegen wir uns das sehr gut. Der Karneval ist ohnehin nicht wie ein Musikfestival, das man einfach absagen kann. Wenn wir den Rosenmontagszug absagen, würde sich trotzdem eine Menschenmenge in der Stadt sammeln.
Haben Sie dieses Jahr besonders Angst vor einem Anschlag?
Auch das ist eine Situation, die für uns nicht neu ist. Jedes Jahr gibt es neue Herausforderungen. Es gab viele Szenarien, die wir schon durchlaufen haben – mit immer wechselnden Bedrohungen. Wir sind da sehr gut abgestimmt mit allen Organen: Polizei, Stadtverwaltung, Ordnungsamt, Staatsschutz.
Wurde das Sicherheitskonzept nach dem Anschlag in München noch einmal angepasst?
Jedes Jahr werden die Sicherheitsmaßnahmen basierend auf der aktuellen Lage überarbeitet. Die Genehmigung für den Zug kommt oft erst ein paar Tage vorher, weil sich bis dahin noch Anpassungen ergeben können. Das bedeutet: Es gibt nicht einen fixen Plan. Sondern es ist ein Prozess, der bis zum Veranstaltungstag flexibel bleibt.
Christoph Kuckelkorn (geboren 1964) ist Präsident des Festkomitees Kölner Karneval – seit 2017 leitet er die zentrale Organisation des Kölner Karnevals. Von 2005 bis 2017 war er Leiter des Rosenmontagszugs. Neben seinem ehrenamtlichen Engagement im Karneval ist Kuckelkorn hauptberuflich als Bestatter in Köln tätig. Sein Bestattungshaus gehört zu den größten und renommiertesten in Köln, es organisierte etwa die Beerdigungen von Dirk Bach, Guido Westerwelle und Kardinal Meisner.
Das Konzept hat sich nach München also noch mal geändert.
Ja, Sicherheitskonzepte ändern sich bis zum letzten Moment. Es kann immer sein, dass es kurzfristige Anpassungen gibt. Man muss aber deutlich sagen: Wir haben mit dem Schutz vor Terroranschlägen nichts zu tun.
Wir kümmern uns in erster Linie darum, dass der Zug sicher die sieben Kilometer durch die Stadt fährt. Das ist mit Hunderttausenden Besuchern eine große Herausforderung. Unsere Aufgabe ist es, die Menschen im Zug zu schützen, zum Beispiel mit Absperrgittern, damit keine Kinder unter einen Trecker geraten.
Und die Sicherheit vor Anschlägen?
Alles, was Bedrohungen von außen angeht, also etwa Zufahrtssperren, liegt in erster Linie in den Händen der Stadtverwaltung und der Polizei. Da unterstützen wir nur: So setzen wir Lkw als Sperren ein und sorgen für freie Rettungswege. Das sind Maßnahmen, die sich seit Jahrzehnten bewährt haben.