Petition eingereicht

Das böse Wort mit B


06.01.2025 – 05:38 UhrLesedauer: 3 Min.

Einsatzkräfte der Polizei stehen in der Silvesternacht zwischen brennendem Feuerwerk in Neukölln. (Quelle: Julius Schreiner/dpa)

News folgen

Die Bilanz der Silvesternacht war auch dieses Jahr zum Teil wieder erschütternd. Deshalb fordert die Polizeigewerkschaft nun von der Politik ein hartes Durchgreifen.

Fünf Tote, zahlreiche verletzte Polizisten, mit Kugelbomben gesprengte Wohnungen und 400 Festnahmen. Das sind nur einige der Kennzahlen der vergangenen Silvesternacht. Kaum zu glauben angesichts dieser Zahlen, aber im Vergleich zur desaströsen Silvesternacht 2022/23, als es etwa im Berliner Stadtteil Neukölln zu heftigen Ausschreitungen gekommen war, fiel die Bilanz der Einsatzkräfte von Polizei und Feuerwehr dieses Mal sogar noch positiv aus.

Seit Jahren geht das nun so. Und während man im Ausland voller Staunen und mit einem gewissen Unverständnis auf die Gepflogenheiten in Deutschland blickt, beginnen auch hierzulande wieder die Diskussionen um ein Böllerverbot. Das böse Wort mit B taucht alle Jahre wieder um den Jahreswechsel auf. Doch dieses Mal könnte der Unmut erstmals in etwas Handfestem münden. Denn am Montag übergibt die Gewerkschaft der Polizei (GdP) in Berlin eine Petition, die sich für ein solches Verbot ausspricht. Mehr als einer Million Unterschriften haben die Initiatoren gesammelt, überreicht wird die Petition an einen Vertreter des Bundesinnenministeriums.

„Wir haben diese Petition als Berliner GdP ins Leben gerufen, um unsere Kolleginnen und Kollegen vor Gewalt durch Pyrotechnik zu schützen“, sagte GdP-Landeschef Stephan Weh. Die gewählten Volksvertreter hätten einen demokratischen Auftrag und wenn sie jetzt nicht handelten, werde es in den nächsten Jahren immer schlimmer. Die Petition fordert ein Böllerverbot im Privatbereich.

Bis Sonntagnachmittag hatten 1,1 Millionen Menschen unterzeichnet. Gestartet worden war die Sammlung bereits nach den Böllerexzessen vor zwei Jahren, wie ein GdP-Sprecher erläutert hatte. Über den Jahreswechsel sei die Zahl der Unterschriften stark gestiegen. Die Diskussionen um das Silvesterfeuerwerk nehmen seit Jahren zu, ebenso wie die mit der Böllerei in Zusammenhang stehenden Straftaten und der missbräuchliche Umgang mit der Pyrotechnik.

Was in Deutschland immer noch als „Brauchtum“ betrachtet wird, sorgt in anderen Ländern für Unverständnis. So schrieb die britische „Daily Mail“ angesichts der Schreckensbilder von deutschen Straßen etwa von „chaotischen Zuständen“ überall in Deutschland. „Eine Flut an Vorfällen überschattete die Feierlichkeiten in der Chaos-Nacht“, berichtete auch der US-Sender CNN. Und selbst das Bundesinnenministerium warnte auf seiner Webseite ausdrücklich vor dem, was in der Silvesternacht droht: „Zu oft endet die Nacht für Bürgerinnen und Bürger mit Verbrennungen und Verletzungen in den Notaufnahmen.“

Doch genau das lehnt SPD-Innenministerin Nancy Faeser weiterhin ab. „Die richtige Antwort sind nicht bundesweite Feuerwerks-Verbote, sondern mehr gezielte Handlungsmöglichkeiten vor Ort“, sagte sie. „Dabei sollte das Ziel sein: Friedliches Feiern und Feuerwerk zu ermöglichen, aber hochgefährliche Silvester-Exzesse zu verhindern.“ Und auch Bundeskanzler Scholz zeigte sich wenige Wochen vor der Bundestagswahl wenig begeistert von einem Böllerverbot. „Ich bin dafür, dass wir ordentliche Regeln haben für das Zeug, das da hergestellt wird. Aber ein Böllerverbot finde ich irgendwie komisch.“

Regeln für die Herstellung, den Erwerb und den Umgang mit Pyrotechnik gibt es jedoch längst. Sie sind im Gesetz über explosionsgefährliche Stoffe, dem sogenannten Sprengstoffgesetz, klar festgehalten. Darin ist geregelt, wer welche Art des Feuerwerks verkaufen, erwerben und zünden darf und welche Strafen bei Zuwiderhandlung drohen. Außerdem haben viele Kommunen in den vergangenen Jahren jeweils eigene Regeln für das Zünden von Silvesterfeuerwerk eingeführt und etwa Böllerverbotszonen ausgewiesen.

Zudem hatte die Bundesregierung im vergangenen Oktober bereits eine Novellierung des Sprengstoffgesetzes beschlossen, dieses war allerdings in einer Stellungnahme durch den Bundesrat kritisiert worden. Demnach forderten einige Bundesländer für einzelne Bereiche des Gesetzes drastischere Strafen als in dem Entwurf vorgesehen.

Nicht nur Vertreter von Sicherheitskräften weisen zudem darauf hin, dass es ohnehin weniger an fehlenden Regeln, als an deren flächendeckender Durchsetzung mangelt. „Wir sind der Überzeugung, dass der zunehmende missbräuchliche Einsatz von pyrotechnischen Gegenständen und Gewalt gegen unsere Einsatzkräfte ein absolut inakzeptables Verhalten darstellt. Es handelt sich um eine Straftat, die mit Nachdruck verfolgt und geahndet werden muss“, heißt es in der Petition für ein Böllerverbot.

Laut dem Sprecher der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Jochen Kopelke, seien die Sicherheitsbehörden durch die Silvestervorfälle immer stärker belastet. „Wir sind am Limit unserer personellen und rechtlichen Möglichkeiten“, sagte Kopelke, den Zeitungen der „Funke-Mediengruppe“. Der Bundesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Rainer Wendt, sprach sich im TV-Sender WELT dagegen gegen ein Böllerverbot aus: „Weil ich nicht möchte, dass Idioten die politische Agenda bestimmen“.

Aktie.
Die mobile Version verlassen