Kinderlähmung zurück in Deutschland
Polio: Stiko empfiehlt, Impfungen schnellstmöglich nachzuholen
Aktualisiert am 12.12.2024 – 17:49 UhrLesedauer: 2 Min.
Polio gilt als nahezu ausgerottet. Doch viele kleine Kinder in Deutschland sind nicht ausreichend geschützt. Fachleute warnen vor Infektionsketten.
Jüngst waren Polioviren im Abwasser mehrerer großer deutscher Städte entdeckt worden. Eine Erkrankung mit der gefährlichen Poliomyelitis sei bei einzelnen Ungeimpften daher „denkbar“, hieß es vom Robert Koch-Institut (RKI). Poliomyelitis ist eine hochansteckende Krankheit, die bei nicht ausreichend immunisierten Menschen zu dauerhaften Lähmungen führen kann.
Doch gerade bei vielen kleinen Kindern in Deutschland ist der Polio-Impfschutz schlecht. „Obwohl die Grundimmunisierung bis zu einem Alter von zwölf Monaten abgeschlossen sein sollte, sind im Alter von zwölf Monaten nur 21 Prozent der Kinder vollständig geimpft“, teilte die Ständige Impfkommission (Stiko) in einer Stellungnahme mit.
Versäumte Impfungen werden zwar oft nachgeholt, trotzdem haben den Fachleuten zufolge nur 77 Prozent der Kinder in einem Alter von zwei Jahren einen vollständigen Impfschutz. Im Einschulungsalter von sechs Jahren hätten 88 Prozent den vollständigen Schutz. Ziel sei eine Impfquote von mindestens 95 Prozent bis zum Ende des ersten Lebensjahres.
Im Abwasser aus Klärwerken in München, Bonn, Köln, Hamburg, Dresden, Düsseldorf und Mainz sind im Oktober und November Polioviren nachgewiesen worden. Bei den Erregern handelt es sich laut RKI nicht um den Wildtyp des Poliovirus, sondern um Viren, die auf die Schluckimpfung gegen Kinderlähmung mit abgeschwächten, aber lebenden Polio-Erregern zurückgehen. Die abgeschwächten Impfviren können sich in sehr seltenen Fällen so verändern, dass sie wieder Krankheiten auslösen können.
Angesichts der aktuellen Impfquoten und der vom Schluckimpfstoff abgeleiteten Polioviren besteht laut RKI die Möglichkeit, dass in Deutschland Infektionsketten in der Bevölkerung nachgewiesen werden und auch wieder Menschen an Polio erkranken.
Die Stiko empfiehlt daher: „In der aktuellen Situation ist es wichtig, den Impfstatus von Kindern als besonders vulnerable Gruppe für Poliomyelitis zu überprüfen und versäumte Impfungen schnellstmöglich nachzuholen.“