Tübingens Oberbürgermeister schildert die dramatische Situation seiner Kommune. Boris Palmer holt zum Rundumschlag gegen die Bundespolitik aus – und stellt Forderungen.

Boris Palmer ist kein Mann der leisen Töne. Nachdem der Politiker sich im vergangenen Jahr infolge einiger umstrittener Aussagen, die er getätigt hatte, aus der grünen Partei ausgetreten war und sich eine Auszeit nahm, ist Tübingens Oberbürgermeister nun wieder zurück auf der politischen Bühne – und auf der medialen. Bei Markus Lanz saß er am Dienstagabend in der Talksendung des ZDF und sprach unter anderem über die Notlage der öffentlichen Haushalte.

Palmer sagte, es gebe in den kommunalen Haushalten eine Kostenexplosion, unter anderem durch die „Aufwendungen für Flüchtlinge“. So fehlten im Tübinger Haushalt derzeit 40 Millionen Euro. „Wenn ich in den städtischen Haushalt gucke, sehe ich im Moment nur noch ein Riesenloch“, so der 52-Jährige. Auf den Einwand des Moderators Markus Lanz, Tübingen sei doch eine prosperierende Stadt, sagte Palmer: „Waren wir mal, bis vor zwei Jahren – vom Prosperierungsfall zum Sanierungsfall.“

Wie dramatisch die Situation seiner Kommune ist, illustrierte er im Anschluss. Um das Loch, das etwa 15 Prozent des Gesamthaushalts ausmache, zu schließen, bedürfe es zum Beispiel der „Verdoppelung der Grundsteuer für alle, Streichung jeder zweiten Busfahrt, Schließung eines Theaters und eines Hallenbads“. Es gehe also langsam an die öffentliche Daseinsvorsorge, der die Kommunen nicht mehr im ausreichenden Maße nachkommen könnten. „Da können sie sich ungefähr vorstellen, was dann in der Bevölkerung los wäre“, so Palmer.

Der parteilose Politiker forderte die Bundesregierung auf, sich des Problems endlich zu stellen. Vor allem, so Palmer, solle Bundeskanzler Olaf Scholz in dieser Frage endlich seiner Führungsverantwortung gerecht werden „und dann auch mal mit Dingen abräumen, die wir uns nicht mehr leisten können. Rente mit 63 ist völlig unfinanzierbar. Vielleicht brauchen wir da eher mal ein bisserl mehr Wochenarbeitszeit.“ Er kritisierte die hohen Arbeitskosten bei gleichzeitig schwindender Produktivität, auch sei es ein Unding, dass Deutschland weltweit die geringste Jahresarbeitsstundenzahl habe. Deshalb brauche es wirklich einen „Ruck in Deutschland“.

Palmer verwies lobend auf die Reformen der Ära Gerhard Schröder. Dessen Agenda 2010 hatte für einen erheblichen Abbau der Lohnnebenkosten gesorgt, zugleich aber auch viele Arbeitnehmer dauerhaft in geringfügige Beschäftigungsverhältnisse gestürzt. Ähnliches wünsch sich der Ex-Grüne Palmer auch von Scholz. „Dann wird er vielleicht auch wiedergewählt“, sagte der 52-Jährige bei „Lanz“.

Auch kritisierte Tübingens OB die Migrationspolitik der Ampelregierung, namentlich der SPD. Die habe nach den Messermorden von Solingen und Mannheim zwar ein schärferes Vorgehen in der Frage der Einwanderung angekündigt, rücke nun aber von den ausgehandelten Gesetzesverschärfungen schon wieder ab. Das sei für ihn nur „schwer zu verstehen“. Zumal sich in der Kriminalstatistik ein gewisses Muster herauskristallisiere, das eine bestimmte Tätergruppe in den Mittelpunkt stelle, nämlich „allein reisende, männliche Asylbewerber irgendwo zwischen Afghanistan und dem Maghreb“.

Nie um Zuspitzung verlegen, sagte Palmer weiter: „Man weiß, dass die schon oft kriminell geworden sind, sie werden aber nicht gestoppt und irgendwann kommt das Messer und Menschen sind tot.“

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