Der Münchner Olympiaturm ist in die Jahre gekommen und muss lange saniert werden. In dieser Zeit soll es einen anderen Aussichtsturm als Ersatz geben.

Ulrich Bodammer sitzt auf gepackten Umzugskisten. Noch in diesem Monat muss der 64-Jährige aus seiner Wohnung ausziehen, was er durchaus bedauert – und das nicht nur wegen des kurzen Arbeitswegs. Genau genommen sind es keine zwei Meter von seiner Haustür bis ins Büro. Und nur wenige Schritte weiter steht man vor drei Aufzügen, die jedes Jahr gut eine halbe Million Menschen auf Münchens höchstes Bauwerk befördern – den 291,28 Meter hohen Olympiaturm.

Dieses Wahrzeichen der Stadt kennt Ulrich Bodammer wie sein Wohnzimmer, das sich wiederum im Fuß des 52.000 Tonnen schweren Kolosses befindet. Denn dort lebt der Betriebsleiter des Olympiaturms in einer 90 Quadratmeter großen Betriebswohnung – noch. Schließlich beginnen im Juni umfangreiche Sanierungsarbeiten in Bayerns nach dem Fernsehturm in Nürnberg zweithöchstem Bauwerk.

Hausmeister muss aus seiner Wohnung ausziehen

Wenn Ulrich Bodammer dann aus seiner Wohnung ausgezogen ist, wird der Olympiaturm zwei Jahre lang für die Öffentlichkeit geschlossen bleiben. „Ich werde sicher Entzugserscheinungen haben“, scherzt der Mann mit der schwarzen Baseballkappe auf dem Kopf und dem schweren Schlüsselbund in der Hosentasche. Schließlich ist Bodammer bereits seit 2001 einer von drei Betriebsleitern im Olympiaturm, der zwei Jahre vor seinem Amtsantritt schon einmal sanierungsbedingt drei Monate lang geschlossen war.

Doch die damaligen Arbeiten sind kaum vergleichbar mit dem, was jetzt ansteht. Nahezu das komplette Innenleben des Turms muss erneuert werden – von den Strom- und Wasserleitungen über die Brandschutztechnik bis hin zur Küche im Drehrestaurant, wo man auf 181 Metern Höhe exquisit speisen kann. Und nicht zuletzt werden im Zuge der 50 Millionen Euro teuren Sanierung auch neue Aufzüge eingebaut, die selbst im Falle eines Feuers noch fahren können, sagt Ulrich Bodammer. „Im Moment müsste man bei einem Brand das Treppenhaus nutzen“ – also bis zu 1.020 Stufen.

Mit sieben Metern pro Sekunde geht es nach oben

Der Betriebsleiter ist bei seinem Rundgang durch den Turm inzwischen im Fahrstuhlschacht angelangt. Hier eröffnet sich ein beeindruckender Blick in mehr als hundert Meter Höhe. Wenn einer der drei Aufzüge vorbeisaust, dann bekommt man – anders als im Innern der Kabine – auch einen Eindruck davon, wie rasant es nach oben geht. Mit sieben Metern pro Sekunde befördern die Fahrstühle die Besucher auf die Aussichtsplattformen oberhalb des Restaurants, in denen ebenfalls Sanierungsarbeiten geplant sind.

Auch weil das Material ausschließlich per Aufzug an- und abgeliefert werden kann, wird die Renovierung ganze zwei Jahre dauern. In dieser Zeit müssen Touristen und Einheimische also auf den wohl besten Ausblick über München verzichten, der bei klarem Himmel bis weit in die Alpen reicht. Als mögliche Ausguck-Alternativen schlägt Ulrich Bodammer den Olympiaberg vor – sowie das Zeltdach des Olympiastadions, das jedoch nur bei einer 45 Euro teuren Tour erklommen werden kann.

Interims-Aussichtsturm vor dem Eisstadion

Zudem soll nach Angaben der Olympiapark GmbH demnächst ein Interims-Aussichtsturm vor dem Eisstadion errichtet werden, der vermutlich Anfang 2025 in Betrieb gehen wird. Geplant sei dabei eine Konstruktion, bei der die Besucher per Gondel in 70 Meter Höhe befördert werden. Fast dreimal so weit oben steht Ulrich Bodammer mittlerweile auf der offenen Aussichtsplattform des Olympiaturms.

Tief unter ihm blickt er auf den weitläufigen Olympiapark mit der Schwimmhalle, dem Stadion und dem charakteristischen Zeltdach. All dies ist erst deutlich nach dem Turm entstanden, dessen Bau bereits 1964 beschlossen wurde – zu einem Zeitpunkt, als noch gar nicht feststand, dass die Olympischen Spiele nach München kommen würden. Vielmehr wurde das Bauwerk als Sendestation für Rundfunk und Fernsehen benötigt. Jedoch war von Anfang an auch eine Aussichtsplattform geplant, die seit der Eröffnung 1968 mehr als 45 Millionen Menschen besucht haben.

Jetzt wird der Turm erst mal zugesperrt – und nicht nur er. Ab Herbst 2025 muss auch das Olympiastadion wegen Sanierungsarbeiten für 20 Monate schließen. Unterdessen soll der runderneuerte Olympiaturm im Sommer 2026 wieder zur Verfügung stehen – ebenso wie das Noch-Zuhause von Ulrich Bodammer. Und doch wird der Betriebsleiter voraussichtlich nicht in seine Dienstwohnung zurückkehren. „Denn dann“, sagt der 64-Jährige und lächelt, „werde ich schon im Ruhestand sein“.

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